Seidel (Seidl), Gustav (1816-1887), Fabrikant und Politiker

Seidel (Seidl) Gustav, Fabrikant und Politiker. Geb. Reichenberg, Böhmen (Liberec, Tschechien), 22. 12. 1816; gest. Hacking, NÖ (Wien), 3. 1. 1887. Entstammte einer böhm. Leinenweberfamilie, Enkel des Reichenberger Leinenhändlers Ignaz, Sohn des Webers Ignaz Josef (geb. Reichenberg, 11. 4. 1776; gest. Kratzau, Böhmen / Chrastava, Tschechien, 13. 2. 1849) – die Annahme liegt nahe, daß es sich bei seiner Familie um die Besitzer der landesbefugten Wollwarenfabrik Ignaz Seidel & Söhne handelte, die in Grottau (Hradek nad Nisou) und Umgebung einen beachtl. Betrieb, dessen Erzeugnisse auf Ausst. mehrfach ausgez. wurden, unterhielt –, Vater von Moritz S. d. Ä. (s. d.). Nach Schulbesuch in Reichenberg erlernte S. die Weberei und Färberei, arbeitete u. a. 1838 in Gera und legte 1841 in Grottau die Meisterprüfung als Weber ab. In den folgenden Jahren in seiner Heimatgegend tätig, dürfte er allerdings als Selbständiger nicht richtig Fuß gefaßt haben, da er – während sein Bruder Cosmas S. in die USA auswanderte – Ende der 40er Jahre, möglicherweise im Gefolge des Rückgangs der Tuchmacherei in der Reichenberger Gegend, nach NÖ kam und in Hütteldorf (Wien) in der ersten Hälfte der 50er Jahre als Besitzer einer Schafwoll-Färberei und Appretur-Anstalt eine Fa. von so bedeutendem Ausmaß und ansehnl. Betriebskapital aufbaute, daß ihm 1851 die Landesfabriksbefugnis zur Erzeugung von Baum- und Schafwollwaren verliehen wurde. 1856 mußte er den Konkurs anmelden, dürfte aber bereits um 1860 in Hacking neuerl. ein Färbereiunternehmen gegründet haben, das bald einen bedeutenden Aufschwung nahm und unter seiner und der Leitung seines Sohnes zu einem in der Branche äußerst angesehenen Veredelungsbetrieb wurde. 1878 wurde S. zum Bgm. von Hacking gewählt und wirkte als solcher verdienstvoll bis zum November 1886. 1906 wurde in Wien eine Straße nach ihm benannt.

L.: Czeike (s. u. Gustav-Seidel-Gasse); Slokar, S. 344 (zu Ignaz Seidel & Söhne); Hietzing. Ein Heimatbuch des 13. Wr. Gmd.Bez. 1, 1925, S. 357, 2, 1932, S. 148f.; WStLA, Wien; Mitt. Herbert Margarétha, Wien.
(E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 116f.
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