Seidl, Carl (1846-1923), Priester

Seidl Carl, Priester. Geb. Wien, 2. 3. 1846; gest. ebenda, 28. 5. 1923. S. besuchte 1857–61 das Akadem. Gymn., dann bis 1865 als Zögling des fürsterzbischöfl. Knabenseminars das Piaristengymn. in Wien. Danach trat er in das Wr. Klerikalseminar ein, stud. an der Univ. Theol. und wurde 1869 zum Priester geweiht. Im selben Jahr Kooperator in Pillichsdorf (NÖ), 1870 in Laxenburg, wurde er 1871 von Fürsterzbischof J. O. v. Rauscher (s. d.) zum Stud.Präfekten am Knabenseminar in Oberhollabrunn (Hollabrunn, NÖ) ernannt. Darüber hinaus unterrichtete S. ab 1874 als Katechet an der Bürgerschule in Rudolfsheim (Wien-Fünfhaus), bis er 1880 Jahr Zeremoniär von Fürsterzbischof Kutschker, dann seines Nachfolgers Ganglbauer (beide s. d.) wurde, der ihn 1886 auch zum Ordinariatssekr. ernannte. In dieser Eigenschaft ordnete S.das Präsidialarchiv und machte es benützbar, organisierte 1888 den „Verein zur Gründung eines Wiener Kirchenbaufonds “(später „Wiener Kirchenbauverein“) und veranlaßte im Auftrag der Bischöfe und des Min. durch ein Komitee die schon lange ausstehende Ausarbeitung eines neuen Schulkatechismus. 1889 Domherr beim Metropolitankapitel St. Stephan, 1900 Domkantor, 1908 Domdechant, richtete S. sein Augenmerk bes. auch auf die Verbesserung der Matrikenführung und legte seine Kenntnisse und Erfahrungen in einem Hdb. nieder, das, mehrmals aufgelegt, von kirchl. wie von staatl. und richterl. Behörden verwendet wurde und noch heute für den Historiker von Wert ist. Sein ebenfalls für den Amtsgebrauch bestimmtes Werk über die Verwaltung des Kirchen- und Pfründenvermögens in Österr. bietet eine „systematische Zusammenstellung aller einschlägigen kirchl. und staatl. Gesetze und Verordnungen sowie der diesfälligen Judikate“. Als Referent in Kirchenbauangelegenheiten hat sich S. erfolgreich um die Aufbringung der Mittel für eine Anzahl neuer Wr. Pfarrkirchen (u. a. in Rudolfsheim, Breitensee, Ottakring und Favoriten) bemüht. Unter seiner Leitung wurde auch die durch diese Pfarrneugründungen sowie die Verschiebung bzw. Erweiterung der polit. Grenzen notwendig gewordene neue Pfarrsprengeleinteilung Wiens durchgeführt, die 1907 in Kraft trat. In Würdigung dieser den kirchl. wie den staatl. Interessen dienenden Arbeiten wurde S. 1903 zum Apostol. Protonotar ernannt und erhielt 1898 den Orden der Eisernen Krone III. Kl., 1901 das Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens.

W.: Matrikenführung nach den in Österr. geltenden kirchl. und staatl. Gesetzen und Verordnungen, 1891, 3. Aufl. 1897; Die Verwaltung des Kirchen- und Pfründenvermögens in Österr., 1905; usw.
L.: Wr. Ztg., 29. 5. 1923; J. Grippel, Geschichte des F. E. Knabenseminars der Erzdiözese Wien zu Oberhollabrunn, 1906, S. 155ff.; I. Fried, Das Metropolitankapitel zu St. Stephan in Wien in seiner personellen Zusammensetzung ... 1722–1900, phil. Diss. Wien, 1952, S. 149ff.
(F. Loidl – H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 120
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