Seidl, Wenzel (1842-1921), Volkssänger

Seidl Wenzel, Volkssänger. Geb. Gumpendorf, NÖ (Wien), 14. 1. 1842; gest. Wien, 6. 3. 1921. Sohn eines Knopfdrechslers, der, Lehrherr des späteren Volkssängers und Theaterdir. J. Fürst (s. d.), von diesem später als Logenschließer beschäftigt wurde. S. trat schon früh im Theater an der Wien in Kinderkomödien auf und absolv. dann eine Kellnerlehre. Schon während dieser Zeit als Sänger beliebt, gab er 1863 sein erfolgreiches Debüt und trat in den Ges. u. a. der Mansfeld (s. Montag), Hornischer (s. d.) und ab 1870 von Anton Amon auf. Bei diesem sang er zunächst Solonummern, später auch Duette mit Amon. Während dieser Zeit gab ihm ein auf seine Haarfarbe anspielendes Couplet mit dem Refrain „Weil i der rote Seidl bin“ seinen bleibenden Beinamen. 1879 gründete er mit dem bei Amon als „Hausdichter“ beschäftigten Wilhelm Wiesberg (eigentl. Bergamenter) die „Gesellschaft Seidl und Wiesberg“. Von den Wr. „Duettistenpaaren“ (z. B. „Nagel und Amon“, „Edi und Biedermann“) waren „Seidl und Wiesberg“mit ihren dezenten, wienerisch gemütl., aber nicht sentimentalen Liedern und Couplets die erfolgreichsten und qualitativ höchststehenden. Texte Wiesbergs, vertont von Josef Sioly (z. B. „Das hat ka Goethe g’schrieb’n“, „I bin a echter Weana“, „Die Deutschmeister san do“) zählen zu den besten ihres Genres und sind bis heute populär geblieben, die „Es-damdam-G’stanz’ln“, Texte von Philippi (s. d.), vertont u. a. von Sioly, kommentierten das Tagesgeschehen mit immer neuen Strophen. Die Ges. absolv. auch Tourneen im In- und Ausland und trat bei Soireen in Adels- und Finanzkreisen auf. Als sich Wiesberg 1890 zurückzog, führte S. die Ges. allein weiter und sang bis 1893 mit dem Natursänger Jauner, dann bis 1906 mit Anton Schäfer als Partner. S. besaß ein Haus im Wr. Prater und erhielt 1903 taxfrei das Wr. Bürgerrecht.

L.: Illustrirtes Wr. Extrabl., 2. 2. 1902 (mit Bild), 29. 11., 1., 2., 5., 13., 18. 12. 1903, 5. 12. 1907; Die Zeit, 9. 1. 1912; Neues Wr. Journal, 17. 6. 1917; NWT, 27. 3. 1921, 1. 9. 1934; Czeike (mit Bild); J. Koller, Das Wr. Volkssängertum in alter und neuer Zeit, (1931), s. Reg. (mit Bild); H. Hauenstein, Chronik des Wienerliedes, (1976), S. 140ff.; Ztg. ausschnittsmlg., Wr. Volksliedwerk, Wien; Nachlaß, Hss.smlg., WStLB, Wien; Mitt. Nini Lackner, Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 128
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