Seiner, Franz Josef (Franko) (1874-1929), Afrikaforscher, Journalist und Politiker

Seiner Franz Josef (Franko), Afrikaforscher, Journalist und Politiker. Geb. Feldbach (Stmk.), 18. 3. 1874; gest. Graz (Stmk.), 18. 4. 1929; evang. AB. Sohn eines Kaufmanns. Nach Absolv. von sieben Mittelschulkl. in Graz diente S. 1892–96 beim IR 27 (ab 1897 in der Res.), war aber auch bereits journalist. tätig – er schrieb in der Folge v. a. für das Grazer „Tagblatt“ (ab 1903 auch für die „Tagespost“) – und wandte sich daneben naturwiss. Stud. zu. 1899 in Cilli (Celje) als Führer der dt. Jungmannschaft in Krawalle mit Angehörigen des nationalist. Ver. „Sokol“ verwickelt, flüchtete er nach Neapel und Amsterdam und begab sich Ende des Jahres als Kriegsberichterstatter und Freiwilliger nach Südafrika, wo er – u. a. im österr. Freiwilligenkorps Goldegg – an zahlreichen Gefechten des Burenkriegs teilnahm. Im November 1900 kehrte er in seine Heimat zurück, wo in der Zwischenzeit das Verfahren gegen ihn eingestellt worden war. 1902 ging S., dessen „Ernste und heitere Erinnerungen eines deutschen Burenkämpfers“ (2 Bde., 1902) eine nicht unergiebige Quelle für die Kriegsteilnahme von Österreichern an der Seite der Buren darstellt, nach Dt. Südwestafrika; 1903, 1905–07 und 1910–12 bereiste er, z. Tl. mittels Stipendien (u. a. vom dt. Kolonialamt sowie der dt. Kolonialges. in Berlin), v. a. die Kalahari, mit dem Ziel, die Landeskde. zu erforschen und kartograph. Aufnahmen zu machen. 1906 beschrieb er eine seltene Wüstenpflanze, den Pedaliaceenstrauch, der nach ihm „Sesamothanus Seinerii“ benannt wurde. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlagerte S.s Forschungen, die in einer Reihe positiv rezipierter Publ., aber auch in Vorträgen, Stiftungen an Mus. (S. verfügte über nennenswerte Smlgg. auf botan., zoolog., paläontolog. und ethnograph. Gebiet) etc. ihren Niederschlag gefunden hatten, auf Südosteuropa. 1915 Off.aspirant im Radfahrerbaon. „Graz“, wurde er 1916 zum Fronteinsatz nach Bosnien abkommandiert und im Frühjahr 1917 als prov. (Ende 1917 def.) Leiter des Statist. Landesamtes sowie als Referent für Landesstatistik und Matrikenwesen beim 19. Korpskmdo. in das 1916 von der österr.-ung. Armee besetzte Albanien berufen, wo die ordnungsgemäße Durchführung einer Volkszählung im gesamten Verwaltungsgebiet zu seinen Hauptaufgaben zählte. Deren Resultate wurden von S., entgegen der ursprüngl. Weisung, 1918 nach Österr. gebracht und im Rahmen der Akad. der Wiss. in Wien veröff. Ansonsten war S. nach Kriegsende vorwiegend polit. tätig, zuletzt als steir. Landesgeschäftsführer der Großdt. Volkspartei, zu deren Aufschwung er mit beitrug. Er war auch Gründer und Geschäftsführer der Ges. für Geopolitik und Kolonisation.

W.: Trockensteppen der nördl. und mittleren Kalahari (= Vegetationsbilder 8/1), 1910; Beobachtungen und Messungen an Buschleuten, in: Z. für Ethnol. 44, 1912, H. 2; Bergtouren und Steppenfahrten im Hererolande, 1904; Die wirtschaftsgeograph. und polit. Verhältnisse des Caprivizipfels (= Koloniale Abhh. 27/28), (1909); Pflanzengeograph. Beobachtungen in der Mittel-Kalahari, in: Botan. Jbb. für Systematik, Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie 46, 1912, H. 2; Beobachtungen an den Bastard-Buschleuten der Nord-Kalahari, in: Mitt. der anthropolog. Ges. in Wien 43, 1913; Ergebnisse der Volkszählung in Albanien in dem von den österr.-ung. Truppen 1916–18 besetzten Gebiete (= Akad. der Wiss. in Wien. Schriften der Balkan-Komm., linguist. Abt., 13), 1922; etc.
L.: Tagespost (Graz), 19. 4., 19. 5. (mit W.), Tagbl. (Graz), 19., 20. 4. 1929; Kleine Ztg. (Graz), 6. 4. 1941; Wer ist’s?, 1908; J. H. Barnhart, Biographical Notes upon Botanists 3, 1965; J. Huber-Grabenwarter, Die Grazer „Tagespost“ von 1900 bis 1910, phil. Diss. Graz, 1977, S. 46; E. A. Schmidl, Österreicher im Burenkrieg ..., phil. Diss. Wien, 1981, passim; H. Schwanke, Zur Geschichte der österr.-ung. Militärverwaltung in Albanien ..., phil. Diss. Wien, 1982, S. 150ff.; KA, Wien; Mitt. Erwin A. Schmidl, Wien.
(E. Lebensaft – Ch. Mentschl – J. Seidl – D. Wiesenberger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 141f.
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