Seipelt, Joseph (1787-1847), Sänger

Seipelt Joseph, Sänger. Geb. Ragendorf/Rajka (Rajka, Ungarn), 5. 11. 1787; gest. Wien, 22. 2. 1847. Sohn eines Schullehrers, Gatte von Klara, Vater von Amalia und Josepha (s. u.). Sein Gesangstalent wurde von Josef R. v. Seyfried (s. d.) gefördert, der ihn als Chorist an das Theater an der Wien brachte. Nach Gesangsunterricht bei Salieri (s. d.) begann er in Lemberg (L’viv) seine Sängerlaufbahn als Sarastro in Mozarts „Die Zauberflöte“. 1809 trat er in Temesvar (Timişoara) auf (Don Giovanni, Gf. Almaviva in „Die Hochzeit des Figaro“, Micheli in Cherubinis „Der Wasserträger“). Danach war er drei Jahre in Linz als Sänger und Regisseur tätig, wirkte in Pest (Budapest), Kaschau (Košice), Hermannstadt (Sibiu), Bartfeld (Bardejov) und war vier Jahre lang Theaterdir. in Brody. Im Juni 1818 wurde er an das Theater an der Wien engag., wo er bereits 1813 ein Gastspiel als Sarastro gegeben hatte. Als ausgezeichneter Sänger und Darsteller wirkte er an dieser Bühne bis 1830, danach übernahm er dort das Amt des Chordir.; 1825–27 war S. auch Gastsänger am Theater in der Josefstadt. Sein Rollenfach war groß, er beherrschte sowohl die ernsten als auch die kom. Partien des Baß-, tw. auch Baritonfachs, wozu ihn sein ungewöhnl. großer Stimmumfang befähigte. Zu seinen bekanntesten Partien gehörten Sarastro, Kaspar in Webers „Der Freischütz“, Don Bartolo in „Der Barbier von Sevilla“ und Don Magnifico in „La Cenerentola“ (Rossini). Eine wichtige Rolle spielte er im Wr. Konzertleben und wirkte mehrmals bei Auff. von Schuberts (s. d.) Vokalquartetten mit. 1822–24 (und dann wieder 1831–35) war er am Kärntnertortheater engag., wo er 1823 bei der Urauff. von Webers „Euryanthe“ die Rolle des Kg. verkörperte. In der ersten Auff. von Beethovens (s. d.) Neunter Symphonie (1824) sang er auf Wunsch des Komponisten das Baßsolo. Seine Gesangsweise war nicht frei von Manierismen, Nestroy (s. d.) hat sie (nach Costenobles Mitt.) gelegentl. parodiert. S., der als Dank für seine oftmalige Mitwirkung bei Wohltätigkeitsveranstaltungen 1829 zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt wurde, trat auch als Komponist hervor und wirkte bis zu seinem Tod als Chorregent der Pfarrkirchen zu Mariahilf und St. Joseph ob der Laimgrube (beide Wien 6). Seine Gattin Klara S., geb. Hofmann (gest. Wien, 11. 5. 1850), war ab 1818 Sängerin am Theater an der Wien, seine Tochter Amalia S. 1840–42 als Sängerin an der Hofoper engag. Seine Tochter Josepha S. (geb. Bartfeld, 1815; gest. Wien, 27. 1. 1841) erfuhr ihre Ausbildung zur Pianistin durch den Mozartschüler Franz Jakob Freystädtler (1761–1841) und trat bereits im Kindesalter öff. auf. Im März 1825 spielte sie im kleinen Redoutensaal (Wien 1) zwei Sätze aus Moscheles’ (s. d.) Klavierkonzert in Es-Dur, in weiteren Wr. Konzerten im Theater an der Wien und im Saal der nö. Landstände trug sie vornehml. Virtuosenstücke von Friedrich Wilhelm Kalkbrenner und Ferdinand Ries vor. Um 1825/26 zählte sie zu den hervorragendsten Konzertpianistinnen Wiens, danach, bis zu ihrem frühen Tod, widmete sie sich dem Unterricht.

L.: Kutsch–Riemens 5; Wurzbach; C. L. Costenoble. Aus dem Burgtheater. 1818–37. Tagebuchbll. ... 2, 1889, S. 227; A. W. Thayer u. a., L. van Beethovens Leben 5, 1908, s. Reg.; H. Jäger-Sunstenau, Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien (= Forschungen und Beitrr. zur Wr. Stadtgeschichte 23), 1992, S. 33, 89; Mitt. Michael Lorenz, Wien. – Josepha S.: Wurzbach; Allg. Theaterztg. 18, 1825, Nr. 42; Wr. Z. für Kunst, Literatur, Theater und Mode 11, 1826, Nr. 31, 41; Allg. Wr. Musik-Ztg. 1, 1841, Nr. 54; E. Marx – G. Haas, 210 österr. Komponistinnen ..., 2001, S. 528; Mitt. Michael Lorenz, Wien.
(C. Höslinger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 143f.
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