Sembrich, Marcella; eigentl. Prakseda Marcelina Kochańska (1858-1935), Sängerin

Sembrich Marcella, eigentl. Prakseda Marcelina Kochańska, Sängerin. Geb. Wiśniowczyk, Galizien (Vyšnivčyk, Ukraine), 15. 2. 1858; gest. New York, N. Y. (USA), 11. 1. 1935. S. wählte für ihre Künstlerlaufbahn den Namen ihrer Mutter. Ihre musikal. Ausbildung erfolgte bereits im Kindesalter, zuerst von ihrem Vater, dem Geiger Kasimir Kochański. Ab 1870 am Konservatorium in Lemberg (L’viv), erhielt sie dort u. a. von Wilhelm Stengel (1846–1917), der später ihr Gatte wurde, Klavier- und Violinunterricht. In beiden Fächern erreichte sie Konzertreife, wählte jedoch auf Anraten Liszts (s. d.) die Sängerlaufbahn. 1875 kam sie nach Wien, wo sie in Klavier von Julius Epstein (s. d.) und in Gesang von Viktor v. Rokitansky (s. u. Hans Frh. v. Rokitansky) unterrichtet wurde. Es folgten weitere Stud. in Mailand (1876) bei Giovanni Battista Lamperti. 1877 debüt. sie als Mitgl. einer italien. Opernges. in Athen als Elvira in Bellinis „I puritani“. Auf Empfehlung F. v. Jauners (s. d.) kam sie an die Dresdener Hofoper (1878–80), 1880–84 (und nochmals 1895) wirkte sie an der Covent Garden Opera London, wo sie als Donizettis (s. d.) Lucia di Lammermoor und in anderen Koloraturpartien sensationellen Erfolg hatte. S. entwickelte nun eine weltweite Tätigkeit als Opern- und Konzertsängerin, sie trat in St. Petersburg (1880/81), Madrid und Lissabon (1882) auf. An der Metropolitan Opera New York erschien sie bereits in der ersten Spielzeit des Hauses (1883/84) und zählte 1898–1909 zu den Koryphäen des Ensembles. Weitere Stationen ihrer Laufbahn waren Paris (1884/5), Berlin (1886–1900), Mailand, Monte Carlo, Lissabon, Stockholm, Brüssel und Frankfurt am Main. In Wien war sie 1887 an der Hofoper, 1898 am Carltheater, 1880, 1887, 1896 und 1909 mit Konzerten im Musikver. zu erleben. In ihrer amerikan. Wirkungszeit ging sie mit einer eigenen Operntruppe (Sembrich Opera Company) auf Tournee. Nach ihrem Bühnenabschied 1909 wirkte S. als Gesangslehrerin in Berlin, später in Lausanne, ab 1924 war sie Leiterin der Gesangsabt. am Curtis Inst. of Music in Philadelphia. In die Geschichte der Gesangskunst ist S. als eine der größten Primadonnen eingegangen. Ihre Glanzrollen waren die Bravourpartien Rossinis, Bellinis, Donizettis und Meyerbeers. Weitere berühmte Rollen waren Verdis Violetta in „La Traviata“, die Ophelia in „Hamlet“ von Ambroise Thomas, in ihrem späteren Lebensabschnitt auch Puccinis Mimi („La Bohème“), Wagners Elsa („Lohengrin“) und Eva („Meistersinger“). Auch als Mozartsängerin (Konstanze, Zerlina, Kgn. der Nacht) war sie bedeutend. Gelegentl. trat sie auch als Operettensängerin auf (Lehár, s. d., „Die lustige Witwe“). In ihren Konzerten wurde ihr stilvoller Vortrag von Schubert- und Schumann-Liedern bewundert, auch Tschaikowsky, Hugo Wolf und Richard Strauss erschienen auf ihren Programmen. Ein Glanzstück ihres Repertoires war der „Frühlingsstimmen“-Walzer von Johann Strauß (die oftmals verbreitete Nachricht, daß Strauß eine eigene Fassung des Walzers für sie hergestellt habe, stimmt jedoch nicht). Tonaufnahmen ihrer Stimme erschienen zwischen 1900 und 1908.

L.: Eisenberg, Bühne; Enc. dello spettacolo; Grove, 1980; Grove, Opera; Kutsch–Riemens 5; MGG; Ulrich; G. Arnim, M. S. und Prof. J. Hey, 1889; H. Rosenthal, Two Centuries of opera art at Covent Garden, 1958, s. Reg.; R. Celletti, I grandi voci, 1964, s. Reg.; H. Pleasants, The great singers, 1967, s. Reg.; H. G. Owen, in: Record Collector (London) 18, 1968/69, 20, 1971/72; G. C. D. Odell, Annals of the New York Stage 12, 1970, s. Reg.; słownik biograficzny teatru polskiego 1765–1965, 1973; Annals of the Metropolitan Opera 1–2, 1989; Słownik muzyków polskich 2, 1994; F. Mailer, J. Strauß (Sohn). Leben und Werk in Briefen und Dokumenten 6, 1996, 8, 1999; S. Herx, in: Opera Quarterly (New York) 16, 1999, Nr. 2.
(C. Höslinger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 165f.
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