Šenoa, August (1838-1881), Schriftsteller und Journalist

Šenoa August, Schriftsteller und Journalist. Geb. Agram (Zagreb, Kroatien), 14. 11. 1838; gest. ebd., 13. 12. 1881. Aus einer aus Böhmen eingewanderten Handwerkerfamilie stammend, Vater des Malers Branko (s. d.) und des Schriftstellers Milan Š. (Agram, 2. 7. 1869; gest. ebd., 16. 11. 1961). Š. besuchte die Gymn. in Pécs und Agram und stud. an den Univ. Agram und – ab 1859 – Prag Jus, schloß jedoch sein Stud. nicht ab, sondern widmete sich ab 1860 zunehmend seiner literar.-publizist. Tätigkeit. 1865 red. er in Wien die Z. „Glasonoša“ und „Slavische Blätter“, kehrte jedoch im darauffolgenden Jahr nach Agram zurück, wo er 1866–67 Red. der Z. „Pozor“ und 1870–73 künstler. Leiter und Dramaturg am Kroat. Nationaltheater war, dessen Spielplan er modernisierte und auf ein hohes Niveau anheben konnte. 1868 städt. Notar, 1873 Ratsherr, wirkte er 1874 bis zu seinem Tod als Red. der Z. „Vienac“, später auch als stellv. Vors. der Matica hrvatska. Š. war ein äußerst vielseitiger Autor, der nicht nur das Feuilleton zum literar. Genre erhob, sondern darüber hinaus durch seine Prosa (Romane, Erz., Novellen) zu den bedeutendsten kroat. Schriftstellerpersönlichkeiten zu zählen ist. Insbes. seine auf der Fülle des authent. Stoffes beruhenden hist. Romane, denen Themen aus der kroat. Geschichte des 12. (der unvollendete Roman „Kletva“) sowie des 16. und 19. Jh. zugrunde liegen, sind – bis heute äußerst populär – unbestrittene Kunstwerke mit reicher schöpfer. Erfindungsgabe (etwa „Zlatarovo zlato“, 1871, „Seljačka buna“, 1877, „Diogenes“, 1878) und für Š. ein Mittel, die Identität der kroat. Bürgerschaft als Repräsentantin des Kroatentums, des nationalen Selbstbewußtseins und der Kultur zu beeinflussen. Seiner auf seine Zeit bezogenen Prosa („Prijan Lovro“, 1873, „Mladi gospodin“, 1875, „Karanfil sa pjesnikova groba“, 1878, „Branka“, 1881, etc.) liegen themat. soziale, polit. und eth. Probleme zugrunde; häufig beschrieb er das Phänomen des Spießbürgertums bzw. den Konflikt des Intellektuellen mit dem spießbürgerl. Milieu. Unter seinen poet. Werken sind die „povjestice“, ep. Ged. mit breit entwickelter Fabel, hervorzuheben, in denen hist. Geschehnisse mit aktuellen polit. Anspielungen verknüpft werden (etwa „Smrt Petra Svačića“, „Na Ozlju gradu“, „Propast Venecije“). Seine Ansichten über die Literatur, die ihm nicht Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck der Höherentwicklung von Volk und Menschheit, ist, hat Š. in seinem programmat. Artikel „Naša književnost“, 1865, niedergelegt. Sein literar. Schaffen, mit dem er wesentl. zur nationalen Integration beitrug, steht am Übergang von der Romantik zum Realismus, sodaß in der kroat. Literaturgeschichtsschreibung diese Periode mit seinem Namen verbunden wurde. Viele seiner Motive wurden von den Schriftstellern des kroat. Realismus, wie J. Kozarac, A. Kovačić oder Kumičić (alle s. d.), fortgesetzt.

W.: Sabrana djela, 20 Bde., 1931–35; Djela, 12 Bde., 1932–35; Sabrana djela, 20 Bde., 1943; Djela, 4 Bde., 1951 (mit Biographie und W. in Bd. 1); Sabrana djela, 12 Bde., 1964; etc.
L.: Enc. Jug. (mit Bild); Znam. Hrv. (mit Bild); A. Barac, A. Š. Studija, 1926; Die Weltliteratur, ed. E. Frauwallner u. a., 3, (1954); G. Dippe, A. Š.s hist. Romane, 1966; Lex. der Weltliteratur, ed. G. v. Wilpert, 1, 2. Aufl. 1975; A. Š. u očima kritike. Izabrane prosudbe, red. D. Jelčić, 1983; ders., Š., 1984; V. Brešić, Dragi naš Š., 1992; I. Frangeš, Geschichte der kroat. Literatur, 1995, S. 902f.; V. Bogišić u. a., Lex. hrvatske književnosti, 1998 (mit Bild); K. Nemec, Lex. hrvatskih pisaca, 2000.
(T. Maštrović)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 180
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