Simiginowicz-Staufe, Ludwig Adolf; Ps. Adolf Sand, Ludwig Staufe (1832-1897), Schriftsteller, Volkskundler und Lehrer

Simiginowicz-Staufe Ludwig Adolf, Ps. Adolf Sand, Ludwig Staufe, Schriftsteller, Volkskundler und Lehrer. Geb. Suczawa, Bukowina (Suceava, Rumänien), 28. 5. 1832; gest. Czernowitz, Bukowina (Černivci, Ukraine), 19. 5. 1897; röm.-kath. – Mütterlicherseits dt., väterlicherseits ruthen. Abkunft, wurde S. kulturell dt. sozialisiert. In seinen Veröff. bediente er sich vorwiegend des Ps. Staufe, dem er später seinen Familiennamen anfügte. Nach Besuch des dt. Gymn. in Czernowitz stud. S. 1852–55 an der Univ. Wien Germanistik, Phil. und Geschichte und bestritt seinen Lebensunterhalt vorwiegend mit journalist. Beitrr. für Wr. Z. 1855 nach Czernowitz zurückgekehrt, gab er 1857–60 die „Familienblätter“ heraus, eine Beilage zum „Bukowiner Hauskalender“, die er zu einem „Versammlungsort“ der jungen Bukowiner Schriftsteller zu gestalten beabsichtigte. Ab 1858 war S. Lehrer am röm.-kath. Gymn. in Kronstadt (Braşov). Während dieser Zeit veröff. er literar. und kulturhist. Beitrr. und unterhielt enge Beziehungen zu siebenbürg.-dt., rumän. und ung. Schriftstellern, Verlegern und Journalisten. 1876 ging er nach Czernowitz, wo er bis zu seinem Tod an der Lehrerinnenbildungsanstalt wirkte. Obwohl S. seit seiner Gymn.zeit Ged. verf. und diese in eigenen Bde. („Heimathsgrüße aus Niederösterreich“, 1855) oder in von ihm hrsg. bzw. mithrsg. Anthol. („Poetisches Gedenkbuch“, 1875) veröff., kommt der Lyrik – vorwiegend nach herkömml. Mustern angefertigte Heimat- und Naturged., die sich einer abgegriffenen Bilderwelt bedienen – in seinem Werk der geringste Stellenwert zu. Gelungener sind seine Erz., v. a. jene, die er im rumän. („Der Klosterbau“, 1870) und im ung. Milieu („Das Szeklermädchen“, Kronstädter Ztg., 19. 3. – 19. 4. 1875) ansiedelte. Die größten Verdienste S.s, der seit seiner Schulzeit rumän. und ruthen. Volksmärchen sammelte, liegen auf ethnograph. Gebiet. Aus einem umfangreichen Ms. mit dem Titel „Romanische Volksmärchen“ veröff. er immer wieder, u. a. in der „Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde“ (1853 und 1855), einzelne Märchen in dt. Übers. Später wandte er sich auch den Volkserz. der anderen Bewohner der Bukowina – der Ukrainer und Dt. – zu, die er mit den mündl. Überlieferungen der Rumänen im Bd. „Volkssagen aus der Bukowina“ (1885) der dt.sprachigen Leserschaft vorstellte. Mit seinem wohl wichtigsten Werk, den Skizzen über „Die Völkergruppen der Bukowina“ (1884), weitete er seine Darstellung auf die ethnograph. und kulturhist. Verhältnisse aller Volksgruppen der Bukowina aus, die er anschaul. und vorurteilslos porträtierte. S. trat auch als Geograph („Die Bodenplastik der Bukowina“, 1873), Historiker („Zwei bukowiner Geschichtsstudien“, 1875) sowie als Übers. aus dem Ukrain. und Rumän. („Romanische Poeten“, 1864) hervor. Themat. sind alle seine wiss. Arbeiten überwiegend auf die Bukowina ausgerichtet, deren Landschaft er im Bukowinabd. von „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, 1899, mit innerer Anteilnahme schildert.

W.: s. u. Kosch; Trausch; E. Beck, Bibliographie zur Landeskde. der Bukowina, 1966, s. Reg.
L. (s. auch Staufe-S.): Biograph. Jb. 2, 1898, S. 101f.; Brümmer; Kosch; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg. (m. B.);Trausch, s. Reg.; Wurzbach; E. Prokopowitsch, Die Entwicklung des Pressewesens in der Bukowina (= Wiss. R. 6), 1962, S. 58ff.; J. Wittstock, in: Filol. şi istorie, ed. V. Grecu, 1990, S. 9ff.; D. Kessler, Die dt. Literaturen Siebenbürgens, des Banates und des Buchenlandes (= Stud. Transylvania 23), 1997, s. Reg.
(S. Sienerth)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 277f.
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