Sobitschka von Wiesenhag, Josef Richard (1854-1940), Industrieller und Interessenvertreter

Sobitschka von Wiesenhag Josef Richard, Industrieller und Interessenvertreter. Geb. Böhm. Wiesenthal, Böhmen (Loučná, Tschechien), 9. 1. 1854; gest. ebd., 23. 5. 1940; röm.-kath. – Sohn des Lehrers und Chorrektors Josef Paul S. (geb. Jechnitz, Böhmen / Jesenice, Tschechien, 13. 9. 1813; gest. Böhm. Wiesenthal, 29. 12. 1891), Gmd.rat von Böhm. Wiesenthal und u. a. Gründer des dortigen Kirchenmusik- und des Fortbildungsver., Bruder von Cölestin S. (s. u.), Vater des Finanzwissenschaftlers Walter S. v. W. (gest. Wien, 1. 1. 1963). S.begann seine kaufmänn. Laufbahn bei der Fa. Dotzauer in Prag, wo er i. d. F. gem. mit seinem Bruder eine Fabrik zur Erzeugung von Glacéhandschuhen errichtete. Diese setzte sich rasch auch im Exportgeschäft durch, sodaß S. schon 1880 einen Zweigbetrieb in Böhm. Wiesenthal im Erzgebirge, wo das Lohnniveau niedriger war, errichten konnte. Die Produkte der Fa. konnten sich auch auf Ausst. erfolgreich behaupten und infolge des erhöhten Absatzes wurden die Prager Werkstätten 1886 in ein größeres Haus verlegt; der Betrieb in Böhm. Wiesenthal konnte 1889 wesentl. erweitert und modernisiert werden. 1890 wurde eine neue Methode zur Applikation kunstvoller Verzierungen auf den Handschuhen, 1897 ein neuer Schnitt, der einen besseren Sitz gewährleistete, entwickelt und dieser mit der Bezeichnung „Beauty cut“ patentiert. Hatte sich der Export von S.s Handschuhen anfangs nach Dtld., Belgien und den Niederlanden gerichtet, so orientierte er sich ab 1881 nach Großbritannien und den USA, die schließl. Hauptabsatzgebiete der Fa. wurden. 1911 wurde das Unternehmen in einen Genossenschaftsbetrieb umgewandelt. S. erfüllte auch eine Reihe bedeutender Funktionen im polit. und Wirtschaftsleben der Monarchie: So war er ab 1895 Mitgl. des böhm. LT, in dem er v. a. für den Ausgleich zwischen Dt. und Tschechen eintrat, ferner Mitgl. des Staatseisenbahnrats, Dir. der Böhm. Landesbank, Gründer der Dt. Credit-Genossenschaft für Böhmen (1897) und Verwaltungsratspräs. der 1901 aus dieser hervorgegangenen Zentralbank der dt. Sparkassen, Präs. der Prager Dt. HK etc. Als Präs. des Zentralkomitees zur Förderung der Erwerbstätigkeit der böhm. Erzgebirgsbewohner (ab 1900) trug er wesentl.zur wirtschaftl. Förderung dieses Gebiets bei. 1909 mit dem Prädikat „von Wiesenhag“ nob. 1918 legte er seine Ehrenämter nieder und übersiedelte 1920 nach Wien. Sein Bruder Cölestin S. (geb. Böhm. Wiesenthal, 29. 6. 1839; gest. Berlin, Preußen/ Dtld., 21. 3. 1900), röm.-kath., machte wie sein Bruder in Prag Karriere, wo er ab 1862 als selbständiger Kaufmann, ab 1866 als Großhändler und Glasfabrikant wirkte. Er betätigte sich auch gewerbepolit. (u. a. als Präs. des Komitees zur Förderung der Erwerbstätigkeit im böhm. Erzgebirge, Vorstandsmitgl. des Prager Handelsgremiums und Verwaltungsrat des Prager Handelsspitals), war karitativ tätig und engagierte sich im dt. Kulturleben Prags.

W.: Entstehung und Gebrauch des Handschuhes. ..., 1906; etc.
L.: NFP, 11. 1. 1914; Egerländer Biograf. Lex. (auch für Cölestin S.); Großind. Österr. I/4, S. 429f.; J. Taschner, Verlorene Heimat. Böhm.-Wiesenthal ..., (1969), bes. S. 107ff., 228ff. (m. B.; auch für Cölestin und Josef Paul S.); AVA, Wien. – Cölestin S.: Bohemia, 21. (A.), 23. 3. 1900; F. Hantschel, Biographien dt. Industrieller aus Böhmen, o. J., S. 76.
(J. Mentschl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 386f.
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