Sondermann, Franz Wilhelm (1787-1852), Beamter und Geistlicher

Sondermann Franz Wilhelm, Beamter und Geistlicher. Geb. Wien, 22. 7. 1787; gest. Magdeburg, Preußen (Dtld.), 22. 12. 1852; röm.-kath., ab 1836 evang. AB. – S.stud. ab 1807 in Wien Theol. und war nach der Priesterweihe (1810) Kooperator in Großschweinbart. 1814 wurde er Prof. für Dogmatik am Lyzeum zu Olmütz (Olomouc), 1817 Dr. theol. 1819–21 Prof. für Kirchengeschichte und -recht am neu errichteten Lyzeum in Salzburg. Danach bis 1824 Dir. der fürsterzbischöfl. Konsistoralkanzlei in Wien (1821–22 auch Dekan der theol. Fak., 1824 Ehrendomherr des Wr. Domkapitels), hatte S. 1824–36 als Gubernialrat in Innsbruck das Referat in geistl. und Stud.angelegenheiten inne. S. verfuhr in seinem umfangreichen und sensiblen Amtsbereich im Wesentl. nach den Grundsätzen des Josephinismus. In Bezug auf die Klöster- und Ordensangelegenheiten und die Überwachung der geistl. Stud.anstalten achtete er streng auf die Einhaltung der bestehenden Vorschriften; seine Haltung in der Frage der Behandlung der sog. Zillertaler Inklinanten führte dazu, daß ihm 1835 das Referat in dieser Angelegenheit entzogen wurde. 1832 ging von S. eine amtl. Anregung an das fürsterzbischöfl. Konsistorium in Salzburg und an die Tiroler Ordinariate zur Ausarbeitung einer kirchl. Topographie, Geschichte und Statistik ihrer Diözesen aus, die jedoch nur im Bezug auf die Diözese Brixen, wo entsprechende Arbeiten von Sinnacher (s. d.), vorlagen, Erfolg hatte. S.s 1836 anonym veröff. „Ansichten und Vorschläge in Bezug auf das öffentliche Unterrichtswesen“, in denen er für eine diesbezügl. Trennung von Kirche und Staat, für eine „Verallgemeinerung“ der Volksbildung durch Gründung von Kleinkinderbewahranstalten, Frauen- und Lesever. etc. und die Schaffung eines „literärischen Völkerverbandes“ eintrat, wurden in Wien scharf kritisiert. Seine schon 1828 einsetzenden Versuche, durch eine Beförderung nach Wien zurückzukehren, wurden trotz der Befürwortung auch durch die obersten Hofstellen von K. Franz II. (I.) bzw. auch von K. Ferdinand I. (beide s. d.) verhindert, wobei S.s privater Lebenswandel eine Rolle gespielt haben dürfte. Enttäuscht trat S. 1836 aus dem österr. Staatsdienst und -verband aus, konvertierte im selben Jahr in Berlin zum evang. Glauben und heiratete seine Nichte, die ihm aus Innsbruck dorthin gefolgt war. 1837 wurde er kgl.- preuß. Konsistorialrats-Assessor in Magdeburg und 1850 Konsistorialrat. 1840 als Pastor ordiniert, wirkte S. 1840–52 als Oberprediger an der Kirche St. Nikolai in der Neustadt (Magdeburg).

W.: Diss. de Societatum vulgo Biblicarum consiliis, 1818; Ueber Bibel-Ges. Eine hist.-dogmat. Abh., in: Theol. Z. 7, 1819, Bd. 1; Die göttl. Sendung Jesu, aus seinen Weissagungen erwiesen, ebd. 9, 1821, Bd. 2.
L.: K. Scheffer, Mitth. aus der Geschichte der Neustadt bei Magdeburg, 1866, S. 115f.; L. Santifaller, Forschungen und Vorarbeiten zur „Austria Sacra“ (= Austria Sacra 1/1), 1951, S. 82ff.; E. Sauser, Die Zillertaler Inklinanten und ihre Ausweisung im Jahre 1837, theol. Diss. Innsbruck, 1959, s. Reg.; H. Tschol, Gubernialrat F. W. S., theol. Diss. Innsbruck, 1966; ders., in: 38. Jahresber. des Bischöfl. Gymn. Paulinum in Schwaz, 1971, S. 6ff.; AVA, Diözesanarchiv, UA, alle Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 418f.
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