Spanlang, Matthias (1887–1940), Priester und NS-Opfer

Spanlang Matthias, Priester und NS-Opfer. Geb. Kallham (Oberösterreich), 20. 2. 1887; gest. KZ Buchenwald, Deutsches Reich (D), 5. 6. 1940 (begraben: Kallham); röm.-kath. Sohn des Bauern Josef Spanlang und dessen Frau Maria Spanlang, geb. Traunwieser. – Nach der Matura in Linz studierte S. ebendort Philosophie und Theologie; 1910 Priesterweihe. In der Folge war er als Kooperator in Atzbach (1911–13), Utzenaich (1913–15), St. Georgen im Attergau (1915–16) sowie in Losenstein (1916–18) tätig. S. meldete sich 1915 als Kriegsfreiwilliger, die tatsächliche Einberufung als Feldkurat erfolgte jedoch erst im März 1918. Nach Kriegsende wurde er Seelsorger des Garnisonsspitals Nr. 4 sowie des Reserve-Spitals Nr. 1 in Linz und Ende 1922 Brigadepfarrer des Brigadekommandos Nr. 4 in Linz. Er setzte sich für die ehemaligen Soldaten sowie für das Andenken an Vermisste und Gefallene ein, für die er zahlreiche Kriegerdenkmale enthüllte. Ab 1926 wirkte er als Pfarrer von St. Martin im Innkreis. Der rhetorisch außergewöhnlich begabte und selbstbewusst auftretende Geistliche war bei der Bevölkerung wegen seiner Geselligkeit und seines sozialen Engagements sehr beliebt, weniger jedoch bei seinen Vorgesetzten: S. zeigte kein Interesse an pastoraler Fortbildung, umso mehr jedoch an Politik. Er erkannte als einer der Ersten die Gefahren des Nationalsozialismus und warnte bereits 1931 vor dessen Programm. Die Nationalsozialisten konnten im Innviertel mit Unterstützung aus dem nahen Passau eine rege Untergrundtätigkeit entwickeln, der sich S. in der „Rieder Volkszeitung“ als einer der radikalsten NS-Gegner widersetzte, indem er in mehr als 170 Beiträgen die Schwächen des „Dritten Reichs“ publik machte und dessen Propaganda demaskierte. S. wurde daher von den illegalen Nationalsozialisten heftig bekämpft. Obwohl er sich zum Deutschtum bekannte, trat er gegen den Anschluss an Hitlerdeutschland auf. Nach dessen Vollzug wurde S. unter Bewachung durch die SA gestellt und Mitte März 1938 als Obmann des Christlich Deutschen Turnvereins und aufgrund seiner Presseberichte sowie der Auffindung von Waffen im Pfarrhof in Schutzhaft genommen und im Mai in das KZ Dachau deportiert (Haftgrund „Volksschädling“), von wo aus er im September des Folgejahres in das KZ Buchenwald überstellt wurde. Im „Österreichischen Beobachter“ wurde S. verspottet und in der Lagerhaft als Priester schwer misshandelt. Für den Fall einer eventuellen Entlassung aus dem KZ wurde die Rückkehr in die Pfarre St. Martin von der Gemeinde ausgeschlossen. Seiner religiösen Überzeugung leistete er auch im KZ Folge. S. wurde Ende Mai 1940 zusammen mit dem später seliggesprochenen Pfarrer Otto Neururer in den Lagerbunker gebracht und wenige Tage später tot gemeldet. Unklar ist, ob die beiden einem Spitzel Konversionsunterricht erteilt hatten bzw. ihre religiöse Betätigung Ursache der Bunkerhaft war. Die gemeinsame Ermordung mit Neururer lässt eine ähnliche Todesart – mit Ketten an den Fußgelenken kopfüber aufgehängt – vermuten. S. Leiche wurde eingeäschert. Seine Denunzianten blieben nach dem Krieg unbehelligt.

W.: Das Petrinum im Sturm und Drang der Revolution, in: J. Zöchbaur, Gedenkschrift zum fünfundzwanzigjährigen Bestande des Diözesanknabenseminars von Linz Kollegium Petrinum, 1922; Zum Gedächtnis des Auszuges der freiwilligen oberösterreichischen Schützen am 11. Juli 1915, in: Heimatland. Illustrierte Beilage zum Linzer Volksblatt, 12. 7. 1925.
L.: R. Zinnhobler, in: Jahrbuch der Diözese Linz, 1980, S. 71ff.; M. Würthinger, in: Der Bundschuh 2, 1999, S. 58ff.; M. Würthinger, in: Blutzeugen des Glaubens. Martyrologium des 20. Jahrhunderts 2, 2000, S. 247ff.; G. Gansinger, Nationalsozialismus im Bezirk Ried im Innkreis. Widerstand und Verfolgung 1938–45, 4. Aufl. 2020; AVA, KA, beide Wien; Diözesanarchiv, Oberösterreichisches Landesarchiv, beide Linz, Pfarre Kallham, alle Oberösterreich.
(M. Würthinger)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)