Spendou, Joseph (1757–1840), Priester und Pädagoge

Spendou Joseph, Priester und Pädagoge. Geb. Möschnach, Krain (Mošnje, Slowenien), 24. 1. 1757; gest. Kirnberg (Kirnberg an der Mank, NÖ), 16. 1. 1840; röm.-kath. Bruder des Domherrn beim Metropolitankapitel zu St. Stephan in Wien (1797) und Rektors der Univ. Wien Anton S. (1739–1813), auf dessen Anregung er nach dem Tod der Eltern 1769 nach Wien kam. Hier schloß S. seine in Laibach begonnenen Gymn.stud. am Akad. Gymn. ab und stud. an der Univ. zunächst Jus, dann Theol. (1783 Priesterweihe; 1795 Dr. theol.), wobei er von dem Kirchenhistoriker Ferdinand Stöger ideell und materiell gefördert wurde. Daneben auch an der Religionspädagogik interessiert, stud. er die einschlägigen Schriften u. a. des Pädagogen und Schulreformers Johann Ignaz v. Felbiger. 1782 wurde S. Katechet an der Wr. Normalschule, als welcher er auch für die pädagog. Ausbildung der angehenden Religionslehrer in Wien und NÖ zuständig war. Im Unterschied zur „Normalmethode“ Felbigers forcierte er nach dem Vorbild der dt. Aufklärungspädagogik das freie Lehrer-Schüler-Gespräch (sokrat., resp. katechet. Methode) und stellte damit die Verstandesbildung in den Mittelpunkt des (Religions-)Unterrichts. Ab 1785 fungierte S. als Vizedir. des für die Priesterausbildung zuständigen Wr. Gen.seminars und wurde 1788 als Nachfolger des zum Bischof von Linz ernannten Joseph Anton Gall Oberaufseher der „deutschen Schulen“ (Elementarschulen) in den österr. Ländern, ein Amt, das er bis 1816 erfolgreich ausüben sollte. Er setzte die von Gall begonnene method.-didakt. Reform des Volksschulunterrichts fort. Auf seine Initiative hin gelangte die sokrat. Methode nicht nur im Religionsunterricht, sondern auch in den übrigen an den dt. Schulen gelehrten Fächern zur Anwendung, er gab neue Lehrbücher in Auftrag, deren schrittweise Einführung das Ende der Felbigerschen Normalmethode zur Folge hatte. Die von ihm red. „Politische Verfassung der deutschen Schulen in den k. auch k. k. deutschen Erbstaaten“ (1805) blieb 1806–69 in Geltung. Die Schulaufsicht auf unterer und mittlerer Ebene wurde wiederum der kath. Amtskirche übertragen, doch sollte diese ihr Schulamt im Sinne des aufgeklärten Reformkatholizismus (Josephinismus), zu dessen Exponenten S. gehörte, als landesfürstl.-staatl. Aufsichtsorgan ausüben. Er vertrat durchaus fortschrittl. Ansichten (z. B. Abschaffung der körperl. Züchtigung, Einführung des Musikunterrichts, Initiative zur Gründung eines Fonds zur Versorgung der Lehrerswitwen und -waisen). S. wurde 1788 zum Domherrn, 1816 zum Dompropst beim Metropolitankapitel zu St. Stephan (als solcher Dechant in Kirnberg), 1807 zum w. nö. Reg.Rat ernannt und 1838 mit dem Ritterkreuz des Leopold-Ordens ausgez.

W.: Lesebuch für Wiederholungsschulen, oder Inbegriff des Nothwendigsten, was ein Jeder als Mitgl. der bürgerl. Ges. wissen soll, 1825 (gem. m. A. Hye); etc.
L.: Portheim-Kat.; SBL; Wurzbach; Oesterr. Biedermannskronik, 1784, S. 188; G. Strakosch-Graßmann, Geschichte des österr. Unterrichtswesens, 1905, S. 159; I. Fried, Das Metropolitankapitel zu St. Stephan in Wien, phil. Diss. Wien, 1951; F. Maaß, Der Josephinismus … 1760–1850, 5, 1961, S. 184, 291f.; R. Gönner, Die österr. Lehrerbildung von der Normalschule zur Pädagog. Akad., 1967, S. 45, 65, 85, 97; P. Hersche, Der Spätjansenismus in Österr., 1977, S. 321f.; E. Wangermann, Aufklärung und staatsbürgerl. Erziehung, 1978, S. 63ff.; H. Engelbrecht, Geschichte des österr. Bildungswesens 3, 1984, S. 125; Schubert- Enz., ed. E. Hilmar – M. Jestremski (= Veröff. des Internationalen F. Schubert-Inst. 14), 2, 2004; Diözesanarchiv, UA, beide Wien.
(G. Grimm)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 15
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