Spitz, Heinrich Otto (1885–1945), Gewerbetreibender, Politiker und Widerstandskämpfer

Spitz Heinrich Otto, Gewerbetreibender, Politiker und Widerstandskämpfer. Geb. Wien, 11. 1. 1885; gest. ebd., 10. 4. 1945 (ermordet). S., der von Beruf Großfuhrwerksbesitzer und Holzhändler war, gehörte im „Ständestaat“ von November 1934 bis Februar 1938 als Vertreter des Gewerbes dem Bundeswirtschaftsrat an. Er bekleidete zahlreiche leitende Funktionen in den Standesorganisationen der Gewerbetreibenden, u. a. war er Präsidiumsmitgl. des Gewerbebundes, Innungsmeister der Fuhrwerker, Präsidiumsmitgl. des Bundes österr. Gewerbetreibender sowie Obmannstellv. des Landesgewerbeverbandes für Wien; Ende 1935 HK-Rat. Im Februar 1938 wurde er als Ersatzmitgl. für Julius Raab in den Bundestag berufen. Nach dem „Anschluß“ aller seiner Funktionen enthoben, blieb er zunächst unbehelligt und führte seinen Betrieb weiter. Gegen Ende des 2. Weltkriegs schloß sich S. der Widerstandsbewegung „O5“ an und zählte zu den führenden Köpfen des im Dezember 1944 in seinem Haus in Wien-Heiligenstadt gegr. überparteil. Leitungsgremiums des österr. Widerstands, des Prov. Oesterr. Nationalkomitees (POEN). Im Rahmen der Pläne des POEN für eine polit. Nachkriegsordnung in Österr. galt S. als christlichsozialer Kandidat für eine prov. Bundesregierung. Neben S. waren auch seine Frau Stefanie, geb. Weinzinger, sowie seine Söhne Karl und Willi im Widerstand aktiv. Im Haus der Familie wurden nicht nur Widerstandskämpfer vorübergehend beherbergt, auch eine Frau jüd. Herkunft wurde über einen längeren Zeitraum versteckt. Als die Gestapo im März 1945 zahlreiche Führungsmitgl. des POEN festnahm, gelang es S. zunächst unterzutauchen. Aufgrund einer Denunziation wurde er jedoch kurz vor der Befreiung Wiens in der Nähe seines Hauses von der SS gestellt und erschossen.

L.: O. Molden, Der Ruf des Gewissens. Der österr. Freiheitskampf 1938–45, 1958, s. Reg. (m. B.); F. Molden, Die Feuer in der Nacht. Opfer und Sinn des österr. Widerstandes 1938–45, 1988, s. Reg. (m. B.); G. Enderle-Burcel, Christlich-ständisch-autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–38, 1991 (m. B.); DÖW, Wien.
(Ch. Kanzler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 36
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