Spitzer, Rudolf Lothar; Ps. Rudolf Lothar, Angelo Cana, Luigi G. Battistini etc. (1865–1943), Schriftsteller und Journalist

Spitzer Rudolf Lothar, Ps. Rudolf Lothar, Angelo Cana, Luigi G. Battistini etc., Schriftsteller und Journalist. Geb. Budapest (Ungarn), 23. 2. 1865; gest. ebd., 2. 10. 1943. Sohn eines Kaufmanns; nannte sich ab 1896 Rudolf Lothar. S. besuchte das Gymn. in Budapest und Wien, 1882–86 stud. er an der Univ. Wien Jus, bereiste dann Dtld., Italien und Frankreich, stud. an dortigen Bibl. und publ. in Ztg. wie „Neue Freie Presse“, „Frankfurter Zeitung“ etc. 1891 Dr. phil. der Univ. Heidelberg mit einer Diss. über „Beiträge zur Geschichte des Spiels in Altfrankreich“. Bis 1907 war S. in Wien Feuilletonist der „Neuen Freien Presse“, 1898–1902 gab er auch die neugegr. WS „Die Wage“ heraus. Seine literaturwiss. Werke „Kritische Studien zur Psychologie der Litteratur“ (1895), „Henrik Ibsen“ (1902) und „Das deutsche Drama der Gegenwart“ (1905) machten ihn bekannt. Gleich drei Mal widmete sich S. der Geschichte des Wr. Burgtheaters (1899, 1900, 1934), war aber v. a. auch selbst ein überaus produktiver Bühnenautor: Ab 1890 veröff. er (oft mit Co-Autoren) zahlreiche Dramen (hauptsächl. Lustspiele) und Libretti. Gerne verbarg er seine Autorenschaft hinter Ps., oft auch bloß als „Übersetzer“ oder „Bearbeiter“ auftretend, zudem übers. er tatsächl. einige engl. und französ. Bühnenwerke. Seinen ersten großen Bühnenerfolg feierte er mit dem Maskenspiel „König Harlekin“ (1900), das in 14 Sprachen übers. wurde. Berühmt wurde er jedoch mit seinem Libretto zu Eugen d’Alberts Oper „Tiefland“ (1907). Weniger Erfolg hatten seine Romane und Novellen (u. a. „Die Fahrt ins Blaue“, 1908, oder „Kurfürstendamm“, 1910). 1907 übersiedelte S. nach Berlin, wo er fünf Jahre für den „Berliner Lokal-Anzeiger“ tätig war und sich 1912, erfolglos, auch als Theaterdir versuchte. Er übersiedelte nach Paris, zwei Jahre später nach Spanien und anschließend in die Schweiz. Erst 1920 kehrte er nach Berlin zurück, wo ihm mit seiner Komödie „Casanovas Sohn“ (1921) wieder ein Erfolgsstück gelang. S. verf. auch einige Drehbücher, zumeist jedoch anonym. Sein Lustspiel „Die Republik befiehlt“ (1927, gem. mit Fritz Gottwald) wurde 1930 unter dem Titel „Liebe auf Befehl“ in Hollywood verfilmt. Zahlreiche Reisen, die ihn in viele Länder Europas, in die USA und den Vorderen Orient führten, spiegeln sich u. a. in den Werken „Die Seele Spaniens“ (2. Aufl. 1916) und „Zwischen drei Welten“ (1926) wider. S. war mit den berühmtesten Persönlichkeiten des Kulturlebens seiner Zeit befreundet (u. a. mit den Brüdern Goncourt, A. Schnitzler, s. d., Ibsen oder Zola); er war u. a. Ritter der Französ. Ehrenlegion. 1930–37 schrieb S. als Feuilletonist und Berliner Theaterkorrespondent für das „Neue Wiener Journal“ und erlebte auch in Wien noch einige Theatererfolge. Vor der Verfolgung durch das NS-Regime konnte er sich nach Budapest in Sicherheit bringen.

W.: s. u. Kosch.
L. (s. u. Lothar): Pester Lloyd, 2. 10. 1943 (A.); Bolbecher–Kaiser; Brümmer; Czeike; DBA; Hall–Renner; Hdb. der Emigration 2; Hdb. jüd. AutorInnen; Kosch (m. W. u. L.); Kosch, Theaterlex.; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg. (m. B.); Universal Jew. Enc.; Wininger; L. Smolle, in: Wr. Mitt. aus dem Gebiete der Literatur, Kunst ... 23, 1911, H. 2, S. 1ff. (m. B.); Neue Dt. Biographie 15, 1987 (m. L.); A. Schnitzler. Tagebuch 1931. Gesamtverzeichnisse 1879–1931, 2000, s. Reg.; Tagbl.Archiv, WStLA, beide Wien; UA, Heidelberg, Dtld.
(R. Müller)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 41f.
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