Springer Anton Heinrich, Kunsthistoriker und Journalist. Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 13. 7. 1825; gest. Leipzig, Sachsen (Dtld.), 31. 5. 1891; röm.-kath., später evang. Sohn eines Bierbrauers im Prämonstratenserstift Strahov, Vater des Kunsthistorikers Jaro S. (geb. Prag, 8. 10. 1856; gest. 13. 8. 1915), Schwiegersohn von A. M. Pinkas (s. d.). Früh verwaist, stud. S. nach Besuch des Kleinseitner Gymn. 1841–46 Geschichte und Phil. an der Univ. Prag, wo er bes. von F. Ser. Exner und A. Smetana (beide s. d.) geprägt wurde, beschäftigte sich aber schon damals mit kunsthist. Stud., die er später in München und Berlin vertiefte; 1848 prom. er in Tübingen über Hegels Geschichtsphil. Wieder in Prag, publ. S. im liberalen „Constitutionellen Blatt aus Böhmen“, für das er auch als Berichterstatter in Wien tätig war, u. a. seine Ideen für eine föderative Verfassung des Habsburgerreichs und forderte eine Sonderrolle der Slawen als Vermittler und Vollender der mitteleurop. Kultur. Seine als Priv.Doz. im Wintersemester 1848/49 gehaltenen und 1849 in Buchform erschienenen Vorlesungen über die Geschichte des Revolutionszeitalters erregten bes. Aufsehen und wurden als staatsgefährdend eingestuft. Nach Stud.aufenthalten in den Niederlanden, Belgien und Großbritannien kehrte S. 1850 als Red. der Z. „Union“ nach Prag zurück, übersiedelte 1851 nach Dtld. und habil. sich 1852 in Bonn für Kunstgeschichte., 1859 ao., 1860 o. Prof. 1872 Prorektor der Univ. Straßburg, folgte er 1873 einem Ruf nach Leipzig, wo er – trotz fortschreitender Schwindsucht – seiner Lehr- und Publ.tätigkeit bis zuletzt nachging. Neben seiner – vielfach unterschätzten – polit. und journalist. Tätigkeit, die er in Bonn u. a. als Mitarb. der „Kölnischen Zeitung“ sowie der Z. „Im neuen Reich“ unter Beweis stellte, liegt S.s Bedeutung darin, die Kunstgeschichte als eigenständige, von den Fächern Ästhetik und Geschichte losgelöste Disziplin an den Univ. mit etabliert zu haben. Dabei entwickelte sich S. von den ästhet. und idealist. Anschauungen seiner Anfänge weg hin zu einem „empirischen Positivismus“: Ausgehend von der Arbeitsweise der Geschichte, als deren „Abkömmling“ er sein Fach verstand, erstrebte er eine faktenreiche Methodik, frei von abstrakten ästhet. Kategorien und schemat. Konstruktionen. S. gilt als Begründer der ikonograph. Forschung in der dt. Kunstwiss., erfaßte die Bedeutung der Handzeichnung für die Erkenntnis des künstler. Schaffensprozesses und erkannte als einer der ersten das Nachwirken der Antike in der mittelalterl. Kunst. S.s Begabung als mitreißender Redner spiegelt sich in seinen lebendig geschriebenen Werken wider, von denen u. a. seine Veröff. über „Die Baukunst des christlichen Mittelalters“ (1854) und das „Handbuch der Kunstgeschichte“ (1855) zu Standardwerken wurden. Daneben wirkte S. auch als polit. Schriftsteller, dessen „Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809“, 2 Bde., 1863–65, die erste krit.-hist. Darstellung des österr. Vormärz und der Revolution darstellt. In seiner persönl. Einstellung hatte er sich im Laufe der Jahre vom kath. tschech.sprachigen Österreicher zum überzeugten protestant. Deutschen gewandelt.