Staněk, František (Franz) (1867–1936), Politiker und Landwirt

Staněk František (Franz), Politiker und Landwirt. Geb. Tremles, Böhmen (Strmilov, Tschechien), 14. 11. 1867; gest. Praha, Tschechoslowakei (Tschechien), 19. 6. 1936 (Selbstmord); röm.-kath. Sohn eines Landwirts. S. besuchte für einige Semester die tschech. TH in Prag sowie die Handelsakad. in Wien. 1892 übernahm er die väterl. Wirtschaft, 1905 erbte er ein Gut mit Spiritusbrennerei in Schelletau (Želetava). I. d. F. stieg S. zu einem der wichtigsten Agrarfunktionäre Südwestmährens auf und war etwa an der Errichtung von Genossenschaften für Flachs- und Kartoffelbauern, Molkereien und Vorschußkassen beteiligt; u. a. gründete er die landwirtschaftl. Verbände Svaz lnářů a bramborářů in Iglau (Jihlava) und Národohospodářský svaz pro západní Moravu. Ab 1906 gehörte er dem böhm. Landeskulturrat an. Seit deren Gründung 1899 Mitgl. der Tschech. Agrarpartei in Böhmen, wechselte er um 1905 in die Führung der mähr. Agrarpartei, an deren Reorganisation und Einbindung in den antiklerikalen „Fortschrittsblock“ er maßgebl. beteiligt war. 1910 wurde er zum mähr. Parteivors. gewählt und war damit zugleich Vizepräs. der Gesamtpartei. 1901–07 Abg. des böhm., 1906–18 des mähr. LT, war er 1904–18 auch RR-Abg. und 1907–10 Mitgl. der Delegationen. Im mähr. LT fungierte er ab 1910, im RR ab 1913 als Klubobmann der Agrarier. Im Abg.haus war er ab 1912 zudem Geschäftsführer des Jednotný klub český und übernahm 1916 den Vorsitz des Český svaz. Während des 1. Weltkriegs beteiligte S. sich u. a. an der oppositionellen Untergrundorganisation Maffia. Als Mitgl. des Tschech. Nationalausschusses gehörte er Anfang Oktober 1918 zu den Verkündern der tschech. Unabhängigkeit und nahm Ende Oktober an den Verhh. mit Edvard Beneš in Genf teil. 1918–35 Abg. der Nationalversmlg. in Prag, war er zudem 1918/19 Minister für öff. Arbeiten, 1919/20 Post-, danach bis 1922 Landwirtschaftsminister. Ab 1922 leitete er als Gen.dir. die Hypotheken- und Landesbank Mähren; 1928 Dr. rer. techn. h. c. der tschech. TH Brünn. S. war außerdem langjähriger stellv. Parteivors. der Republikan. (Agrar-) Partei (ab 1929 Klubobmann) und amtierte während der Erkrankung des Ministerpräs. Antonin Švehla fakt. als Parteivors. 1932–35 Präs. des Abg.hauses, näherte er sich ständestaatl. Positionen an.

W.: s. u. Luft. – Nachlaß, Státní okresní Archiv, Jihlava, Außenstelle Telč, Tschechien.
L.: Bohemia, Prager Tagbl., 20. 6. 1936; Freund, 1907, 1911 (beide m. B.); Heller 1, 2. Aufl.; Otto, Erg.Bd.; F. S. Politik, tribun, národohospodář, družstevník a buditel lidu venkovského, ed. J. Marcha, 1927; J. Malíř, Od spolků k moderním politickým stranám, 1996; V. V. Dostál, Agrární strana, 1998; D. E. Miller, Forging political compromise, 1999; R. Luft, Parlamentar. Führungsgruppen und polit. Strukturen in der tschech. Ges. 1907–14, 2, phil. Diss. Mainz, 2001 (m. W. u. L.).
(R. Luft)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 89f.
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