Staudigl, Joseph d. Ä. (1807–1861), Sänger

Staudigl Joseph d. Ä., Sänger. Geb. Wöllersdorf (NÖ), 14. 4. 1807; gest. Wien, 28. 3. 1861. Sohn eines k. Revierjägers, Vater von Rudolf S. (s. d.) und Joseph S. d. J., Schwiegervater von Gisela S. (beide s. u.). S. wurde 1816 Sängerknabe in Wr. Neustadt, besuchte dort das Gymn., absolv. ab 1823 die phil. Jgg. am Piaristengymn. in Krems an der Donau und trat 1825 als Novize in das Benediktinerstift Melk ein. Nach seinem Austritt aus dem Stift 1827 begann er in Wien ein Chirurgiestud. und nahm gleichzeitig eine Stelle als Chorist an der Wr. Hofoper an. Auf Anraten des Operndir. Louis Antoine Duport nahm er Gesangsunterricht bei Giuseppe Ciccimarra. Er wurde nun auch für kleine Solopartien verwendet und beging sein offizielles Debüt 1836 als Pietro in Daniel François Esprit Aubers „Die Stumme von Portici“. Es folgten Rollen wie Mozarts Sarastro, Beethovens Rocco und zahlreiche Baßpartien in den Opernwerken Meyerbeers, Bellinis und Donizettis. S., der ab 1831 auch als Hofkapellsänger wirkte, erreichte bald den Rang einer europ. Berühmtheit und wurde in London, wo er 1841–47 als Opern- und Konzertsänger auftrat, als der „deutsche Lablache“ gefeiert. 1845–48 war er am Theater an der Wien engag., wo er 1846 die Rolle des Stadinger in der Urauff. von Gustav Albert Lortzings „Der Waffenschmied“ kreierte und 1847 bei der Urauff. von Meyerbeers „Vielka“ als Partner von Jenny Lind mitwirkte. Danach kehrte er an die Hofoper zurück, wo er – zuletzt auch als Regisseur – bis 1854 verblieb. Sein ungewöhnl. Stimmumfang machte es ihm möglich, auch Baritonpartien (Verdis Macbeth) in sein Repertoire aufzunehmen. Als gefeierter Lied- und Oratoriensänger wirkte er noch bis 1856, verfiel aber allmähl. in geistige Umnachtung . S. war eine überaus vielseitige Künstlerpersönlichkeit, er malte und komponierte, befaßte sich aber auch mit techn. Experimenten und war überdies ein Pionier der homöopath. Heilmethode. Sein Sohn Joseph S. d. J. (geb. Wien, 18. 3. 1850; gest. Karlsruhe, Baden/Dtld., 21. 4. 1916) wurde von Viktor Frh. v. Rokitansky (s. u. Rokitansky Hans Frh. v.) zum Sänger ausgebildet und erlebte eine bedeutende Karriere, die ihn an die Metropolitan Opera New York (1884–86) führte, wo er in Baß- und Bariton-Rollen Mozarts (Leporello) und Wagners (Wolfram, Wotan, Pogner) auftrat. Seit 1885 war er mit der Mezzosopranistin Gisela S., geb. Koppmayer (geb. Braunau am Inn, OÖ, 4. 9. 1864; gest. Karlsruhe, 22. 2. 1929) verehel., die ihre Laufbahn 1879 in Wien begann und in Hamburg, Berlin sowie in den USA fortsetzte. Sie war eine Opern- und Konzertsängerin ersten Ranges, 1886–92 trat sie bei den Bayreuther Festspielen (Brangäne, Magdalena) auf.

L.: ADB; Eisenberg, Bühne; Kosch, Theaterlex.; Kutsch–Riemens, 4. Aufl. 2003; oeml; Renner, Nachlässe; Ulrich; Wurzbach (m. L. u. Rollenverzeichnis); Mitth. aus Wien, ed. F. Pietznigg, 1835; C. Droste, in: Bühne und Welt 10, 1908, S. 1029ff. (auch für Gisela S.); M. Jahn, Die Wr. Hofoper von 1836 bis 1848 (= Veröff. des RISM-Österr., R. B/1), 2004, s. Reg.; Schubert-Enz., ed. E. Hilmar – M. Jestremski, 2 (= Veröff. des Internationalen F. Schubert Inst. 14), 2004; WStLA, Wien. – Joseph S. d. J. und Gisela S.: Eisenberg, Bühne; Kosch, Theaterlex.; Kutsch–Riemens, 4. Aufl. 2003; Ulrich.
(C. Höslinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 120
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