Staudigl, Rudolf (1838–1891), Mathematiker

Staudigl Rudolf, Mathematiker. Geb. Wien, 14. 11. 1838; gest. ebd., 22. 2. 1891. Sohn von Joseph S. d. Ä. (s. d.), Bruder von Joseph S. d. J. (s. u. Joseph S. d. Ä.). S. erhielt zunächst Privatunterricht, besuchte 1849/50 ein Gymn. und ab 1850 die Realschule. 1856–61 stud. er am Wr. polytechn. Inst., darüber hinaus erwarb er sich Kenntnisse der französ. und italien. Sprache sowie der sphär. Astronomie. Ab 1861 Ass. der Darstellenden Geometrie bei Johann Hönig, erteilte er auch Zeichenunterricht und hielt 1862–66 Vorträge über Ornamentik. Daneben besuchte er selbst Vorlesungen am Wr. polytechn. Inst. und nahm Unterricht im Zeichnen an der ABK; 1865 Lehramtsprüfung für Oberrealschulen aus den Fächern Darstellende Geometrie, Mechanik und Maschinenlehre, im Bedarfsfall durfte er auch Mathematik unterrichten. 1865–77 hielt S. zudem Lehrveranstaltungen über „Vorbereitendes technisches Zeichnen“ bzw. „Technisches Zeichnen und Freihandzeichnen“; im Wintersemester 1866/67 als Hon.-Doz. für Ornamentik und Ornamentzeichnen tätig, wurde er 1867 zum Adjunkten der Lehrkanzel für Darstellende Geometrie am polytechn. Inst. ernannt; 1869 Dr. phil. an der Univ. Rostock in absentia; 1869 Habil. als Priv.Doz. für Neuere Geometrie am Wr. polytechn. Inst.; 1870 ao. Prof., 1873 def., 1875 o. Prof. für Darstellende Geometrie am Wr. polytechn. Inst., wobei er auch Lehrveranstaltungen über Neuere Geometrie abhielt. Nach dem Tod Niemtschiks (s. d.) 1877 wurde S. w. o. Prof. und Vorstand dieser Lehrkanzel und im selben Jahr auch Mitgl. der wiss. Realschulprüfungskomm. S. begründete die Wr. Schule der Darstellenden Geometrie. Die Konstruktionsübungen führte er zunehmend praxisnahe mit Hilfe von einer eigens eingerichteten Smlg. autographierter techn. Objekte durch. Sein Sohn Richard Hermann S. (1877–1954) war 1901–06 Gesangslehrer in Wien, dann bis 1908 Kapellmeister am Hoftheater Darmstadt, 1908–14 Inhaber einer Opern- und Operngesangsschule in Frankfurt am Main und ab 1919 Chordirigent und Gesangslehrer in Halle an der Saale.

W. (auch s. u. Poggendorff): Grundzüge der Reliefperspektive, 1868; Lehrbuch der neueren Geometrie für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbststud., 1870; Die axonometr. und schiefe Projection (Parallel-Perspective). Ein Lehrbuch für techn. Schulen und zum Selbst-Stud., 1875; zahlreiche geometr. Abhh. in Schlömich und Sbb. Wien, math.-nat. Kl.; etc.
L.: WZ, 23. 2. 1891 (A.); Poggendorff 3; Monatshe. für Mathematik und Physik 2, 1891, S. 480; E. Müller, in: Berr. über den mathemat. Unterricht in Österr. 9, 1911, S. 43, 75, 88, 91f.; J. Neuwirth, Die k. k. TH in Wien 1815–1915, 1915, S. 308, 358f., 361, 551, 600f., 636; A. Lechner, Geschichte der TH in Wien (1815–1940), 1942, S. 72, 82, 154f., 218f., 223; 150 Jahre TH in Wien 1815–1965, 1–2, ed. H. Sequenz, 1965, s. Reg.; N. Ottowitz, Der Mathematikunterricht an der TH in Wien 1815–1918, 2 (= Diss. TU Wien 52/II), 1992, S. 499f.; P. Šišma, Matematika na německé technice v Brně, 2002, S. 72; Materialiensmlg. ÖBL, TU Wien, Materialiensmlg. ÖBL, beide Wien.
(M. Pesditschek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 121f.
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