Steiner, Heinrich Elchanan; Ps. Heinrich York, Heinrich York-Steiner (1859–1934), Schriftsteller und Zionist

Steiner Heinrich Elchanan, Ps. Heinrich York, Heinrich York-Steiner, Schriftsteller und Zionist. Geb. Senitz, Ungarn (Senica, Slowakei), 3. 8. 1859; gest. Tel Aviv, Palästina (Israel), Februar 1934; mos. Sohn eines früh verstorbenen Kaufmanns. Über S.s frühe Jahre ist wenig bekannt. Nach Absolv. einer kaufmänn. Lehre und angebl. Engagements als Tenor in Dtld., Österr. und Amerika trat er in Wien mit ersten schriftsteller. Versuchen sowie als Dir. der Verlags AG der Z. „Wiener Mode“ hervor. Seit dem Erscheinen von Th. Herzls (s. d.) „Der Judenstaat“, 1886, stand sein Leben und Werk ganz im Zeichen des Zionismus. Als Mitgl. des engeren Wr. Kreises um Herzl engagierte sich S. auf organisator. und diplomat. Ebene für diese Bewegung und leitete bereits beim 1. Zionist. Weltkongreß in Basel, 1897, nicht nur den Organisationsausschuß, sondern nahm auch maßgebl. Einfluß auf die Formulierung der Statuten der Zionist. Weltorganisation (WZO). Im selben Jahr übernahm er weiters die techn. Vorbereitungen zur Hrsg. des zionist. Zentralorgans „Die Welt“, das Nachrichten über polit., künstler. und kulturelle Aktivitäten vereinigen sollte und dessen Logo, den Davidstern, er auf Anregung Herzls entwarf. Nach dem 3. Zionistenkongreß 1899 arbeitete S. ein Programm für Tochterges. der Jüd. Kolonialbank in verschiedenen Ländern aus, 1900 wurde er Insp. dieser Bank und 1903 Leiter der Zweigstelle in New York. Er unterstützte einerseits die diplomat. Bemühungen Herzls um die polit. Anerkennung eines jüd. Staates in Palästina und intervenierte im Februar 1904 diesbezügl. beim Vatikan, anderseits förderte er auch die Aktivitäten der kulturellen Zionisten, die die nationale mit der kulturellen Wiedergeburt verbinden wollten. Auch als Schriftsteller engagierte sich S. für den Zionismus. Die Literatur war für ihn Mittel, das jüd. kulturelle Gedächtnis wiederzubeleben, das Selbstbewußtsein der Juden zu stärken und die Unmöglichkeit einer würdevollen jüd. Existenz in Europa zu illustrieren. So entwirft er in seinen Erz. ein Panorama des jüd. Lebens in der Österr.-ung. Monarchie, sowohl in den Hauptstädten Wien und Budapest wie auch in den kleinen Dörfern der Randgebiete, und kontrastiert das traditionsgebundene Leben der ostjüd. Figuren mit dem der akkulturierten, sich assimilierenden, selbstentfremdeten westl. Juden. Zugleich wird auch das soziale Elend und die phys. Bedrohung v. a. der östl. Juden vorgeführt. Zwar betrachtete S. die Auswanderung nach Palästina und die Staatsgründung als das eigentl. Ziel des polit. Zionismus, war aber Gegner einer überstürzten und ungeplanten Kolonisierung Palästinas. 1911 trat er aus der WZO aus, nachdem die „praktischen Zionisten“ die Führung übernommen hatten. Ende der 1920er Jahre wurde S. Mitgl. von Ze’ev Jabotinskis Zionist.-Revisionist. Partei, die zu einer sofortigen Gründung eines jüd. Staats in Palästina aufrief, und emigrierte 1933 nach Palästina, das er seit 1898 wiederholt aufgesucht hatte.

W.: Künstlerfahrten vom Atlant. bis zum Stillen Ozean, 1883; Anti. Croccolos Synagoge. Der barmherzige Bruder, 1895; Der Talmudbauer. Unterwegs, 1904; Der hohe Kurs, 1908; Bedeutet der Krieg einen Ausnahmszustand?, (1915); Die Kunst als Jude zu leben, 1928 (m. B.); etc.
L. (meist unter York-S.): The New Palestine, 10. 11. 1939; Brümmer; Hdb. der Emigration; Enc. Jud.; Jüd. Lex.; Kosch; Kosch, Theaterlex.; Universal Jew. Enc.; Wininger; A. Bein, Th. Herzl, 1934, Reprint 1974, s. Reg. (m. B. vor S. 201); J. Toury, Die Jüd. Presse im Österr. Kaiserreich (= Schriftenr. wiss. Abhh. des Leo Baeck Inst. 41), 1983, S. 98; M. H. Gelber, Melancholy Pride. Nation, Race, and Gender in the German Literature of Cultural Zionism (= Conditio Judaica 23), 2000, s. Reg.
(H. Mittelmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 171
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