Stelzham(m)er, Johann Christoph (Christoph Jakob Johann) (1750–1840), Physiker und Geistlicher

Stelzham(m)er Johann Christoph (Christoph Jakob Johann), SJ, Physiker und Geistlicher. Geb. Unterweißenbach (OÖ), 29. 8. 1750; gest. Linz (OÖ), 10. 10. 1840; röm.-kath. Sohn eines Verwalters, Onkel von Ferdinand Frh. v. S. (s. d.). Nach Absolv. des Lyzeums in Linz trat S. 1769 in den Jesuitenorden in Wien ein, legte 1771 bei St. Anna die Gelübde ab und wurde in das Akad. Kollegium der Univ. aufgenommen. In Leoben, wo er auch als Gehilfe eines Astronomen tätig war, und in Graz widmete sich S. mathemat. Stud. Als Lehrer der Grammatikalkl. in Laibach (Ljubljana) 1773 von der Nachricht der Ordensauflösung überrascht, übersiedelte er nach Linz, um dort zwei Jahre hindurch die humanist. Fächer zu unterrichten. Schließl. stud. S. Theol. an der Univ. Wien, 1776 Priesterweihe, 1783 Dr. theol. als erster Kandidat nach der neuen Stud.ordnung. I. d. F. erteilte S. Privatunterricht, arbeitete zwei Jahre ohne Bezahlung als Gehilfe an der Ausgestaltung der Univ.bibl. Wien mit und besuchte Vorlesungen aus Physik. Gefördert von Sigismund Gf. v. Hohenwart (s. d.) unterrichtete S. ab 1792 Physik am Lyzeum in Klagenfurt. Gem. mit dem Mathematiker Georg Ignaz Frh. v. Metzburg führte er 1796 die trigonometr. Landesaufnahme in Westgalizien durch und unternahm 1798 eine Rundreise zu den ung. Bergstädten. Ab 1797 unterrichtete S. Montanistik und Mineral. an der Theresian. Akad., wo er zudem als Präfekt der Abt. der Rechtskandidaten fungierte. Ab 1800 lehrte er die Erzhg. Maximilian Josef und Ferdinand Karl Josef (beide s. d.) sowie Karl Ambros, den späteren Primas von Ungarn, Physik und Chemie. 1802 Kustos am physikal.-astronom. Kabinett in Wien, wurde S. 1806 zum Dir. des Kabinetts ernannt und mit der gleichzeitigen Betreuung des astronom. Turms im Schweizerhof beauftragt, wo er Mitgl. des K.hofes naturwiss. Versuche vorführte. Unter S.s Gehilfen befand sich auch der durch seine Flugversuche berühmt gewordene Uhrmacher Jakob Degen (s. d.). An dem neu gegr. polytechn. Inst. hielt S. zunächst noch Vorlesungen, widmete sich später aber ausschließl. der Leitung des opt. und astronom. Kabinetts. S., Prokurator an der Univ. Wien, 1798/99 Dekan der Theol. Fak., 1814 Notar sowie 1816–34 Vizedir. der Theol. Stud., war seit 1825 Domherr von St. Stephan. 1826/27 Rektor der Univ. Wien. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich der Hrsg. der von ihm gegr. und mitfinanzierten „Kirchlichen Topographie des Erzherzogtums Österreichs“ (1819–40), an der er trotz zunehmender Erblindung bis zum 18. Bd. mitarbeitete.

W.: s. u. Graeffer–Czikann; Wurzbach.
L.: Graeffer–Czikann (m. W.); Poggendorff 2; Wurzbach (m. W.); J. Stülz, in: Museal-Bl. Z. für Geschichte, Kunst, Natur und Technol. Österr. ob der Enns und Salzburg’s 20, 1840, S. 93ff.; J. Nep. Stoeger, Scriptores provinciae Austriacae Societatis Jesu …, 1856; I. Fried, Das Metropolitankapitel zu St. Stephan in Wien, phil. Diss. Wien, 1952, S. 163ff.; L. Koller, Geistl. Schriftsteller, Künstler und Forscher Österr., 1952; H. Pemmer – N. Lackner, in: Wr. Geschichtsbll. 1, 1968, S. 363ff.; W. Fingl – J. Degen, Der fliegende Uhrmacher, 1996, S. 18f.; Diözesanarchiv, UA, WStLA, alle Wien; Pfarramt Unterweißenbach, OÖ.
(N. Pärr)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 206f.
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