Steudel, Johann Heinrich (1825–1891), Politiker und Gastwirt

Steudel Johann Heinrich, Politiker und Gastwirt. Geb. Schaumburgergrund, NÖ (Wien), 31. 3. 1825; gest. Baden (NÖ), 13. 9. 1891; evang. AB. Sohn eines Gastwirts, verehel. mit Friederike S., einer Enkelin Huebmers (s. d.). S. absolv. das Akadem. Gymn. in Wien und begann danach Engl., Französ., Musik und Gesang zu stud. Aufgrund der Erkrankung seines Vaters mußte er jedoch seine Stud. abbrechen, um das elterl. Gasthaus vor der Favoritenlinie zu führen. 1844–46 unternahm S. Reisen durch Westeuropa, ehe er sich in Wien nach dem Tod seines Vaters wieder dem Gastgewerbe widmen mußte. Durch Grundstücksspekulationen in den folgenden Jahren vermögend geworden, wurde er 1861 in den Wr. Gmd.rat gewählt, wo er sich zunächst der Linken anschloß. Als sich Mitte der 1860er Jahre die Äußerste Linke abspaltete, war S. einer der Initiatoren und ab 1866 Obmann dieser Fraktion. Ab 1867 gehörte er auch dem nö. LT an. Als Liberaler mit dem System der Wahlkörper unzufrieden, forderte er bereits 1868 die Direktwahl ins Abg.haus des RR. Auf seinen Antrag wurde 1873 die Schaffung des 10. Wr. Gmd.bez. Favoriten im Wr. Gmd.rat beschlossen, als dessen erster Bez.vorsteher S. 1875–83 amtierte. 1882 wurde er zum 2., 1889 zum 1. Bgm.stellv. der Stadt Wien gewählt. Bereits 1873 war S. als Kandidat der demokrat. Partei, die sich bes. für das Kleingewerbe einsetzte, in den RR entsandt worden, dem er bis 1885 angehörte; 1877 war er Mitgl. der Delegation. S. war auch im Ver.leben aktiv. So war er 1861 einer der Mitbegründer und später Ehrenmitgl. des Ersten Wr. Turnver. und machte sich um die Einführung des Turnunterrichts verdient, weiters gründete er den Ver. zur Wahrung der Volksrechte sowie den Ersten Kindergartenver. S. war Vorstandsmitgl. der Ersten Kinderbewahranstalt des 10. Bez. und engagierte sich auch als Presbyter innerhalb der evang. Pfarrgmd. AB.

W.: Die innere und äussere Lage Oesterr., (1881).
L.: Demokrat. Ztg., 18. 10. 1873; NFP, WZ, 14. 9. 1891 (beide A.); Czeike; Hahn, 1873, 1879; Wurzbach; F. Böck, Die nö. Abg. im Parlament von 1861 bis 1879, phil. Diss. Wien, 1948, S. 57f.; G. M. Hahnkamper, Der Wr. Gmd.rat zwischen 1861 und 1864, 2/3, phil. Diss. Wien, 1973, S. 554ff:; A. Meixner, Der Wr. Gmd.rat 1864–68, phil. Diss. Wien, 1975, S. 403; W. Schubert, Favoriten, 1980, s. Reg. (m. B.); F. Czeike, in: Hdb. der Stadt Wien 96, 1981/82, (1982), S. II/33ff.; Der Erste Wr. Turn-Ver. 1861–85, o. J., S. 206f., 224; O. Krause, Biograph. Hdb. des NÖ LT 1861–1921, o. J.
(Ch. Mentschl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 243f.
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