Stiebitz, Josef (1779–1852), Kaufmann

Stiebitz Josef, Kaufmann. Geb. Wedlitz, Böhmen (Vědlice, Tschechien), 6. 6. 1779; gest. Wien, 4. 4. 1852; röm.-kath. Sohn eines Schneidermeisters, Vater von Alois Josef S. (s. u.). – Nach Schulbesuch in Straschnitz (Strážiště) erhielt S. in Prag eine kaufmänn. Ausbildung, arbeitete bei verschiedenen Prager Handlungshäusern und kam 1803 nach Wien, wo er als Buchhalter in Jakob Partls Wein- und Spezereienhandlung „Zum schwarzen Kameel“ im 1. Bez., die bereits 1618 als Gewürzkrämerei gegr. worden war, eintrat. 1812 von Partl gem. mit den Handlungsgehilfen Josef Söhnel und Ignaz Arlet am Gewinn beteiligt, erwarb S. 1818 mit den beiden Genannten das Geschäft, ab 1823 führte er es allein. I. d. F. wurde das „Schwarze Kameel“, das 1828 durch Erwerb des Nachbarhauses vergrößert wurde, zu einer „feinen Adresse für Gourmets“, an der prominente Gäste aus Adel und Bürgertum ebenso verkehrten wie Künstler, etwa Beethoven (s. d.) oder Waldmüller; aber auch der K.hof gehörte zu den Kunden (1825 Hoflieferantentitel). S., der 1830 zum Gremialvorsteher des bürgerl. Handelsstands ernannt wurde, trat auch als Philanthrop hervor, u. a. trug er zur Ausgestaltung seiner ehemaligen Schule in Straschnitz sowie des Handlungskrankenhauses „Confraternität“ in Wien durch Spenden bei. Nachdem sein Sohn Alois Josef S. (geb. Wien, 20. 6. 1819; gest. ebd., 5. 9. 1880; röm.-kath.) 1841 in das Geschäft eingetreten war, zog sich S. krankheitsbedingt zunehmend zurück. 1866 folgte ihm Alois Josefs Frau Rosa S., geb. Lutzenleithner (gest. Wien, 30. 9. 1899), als Ges. Im selben Jahr erhielt Alois Josef S. – wie zuvor sein Vater – den Hoflieferantentitel. Er spielte im öff. und gesellschaftl. Leben Wiens eine nicht unwesentl. Rolle, u. a. als Gmd.rat (1865–68), Verw.R. der Pfandleihanstalt und der Verkehrsbank, außerdem als Dir. der Ersten österr. Spar-Casse (ab 1849), weiters als Zensor der Oesterr.-ung. Bank sowie als Mitgl. zahlreicher humanitärer Ver. Sein Haus wurde zu einem gesellschaftl. Mittelpunkt, da er – ebenso wie seine Gattin – als sehr kunstsinnig und musikliebend galt. Nach seinem Tod ging das Geschäft auf seinen Sohn Franz Josef S. (geb. Wien, 16. 2. 1857; gest. ebd., vor 21. 2. 1944) über. Das „Schwarze Kameel“ ist als eine Mischung von Feinkosthandlung, Buffet und Restaurant bis heute ein Szenelokal geblieben.

L. (meist auch für Alois Josef S.): WZ, 6. 6. 1880 (A.); Dt. Arbeit 1, 1901/02, S. 331f.; Czeike (s. u. Kameel); Gedenkschrift anlässl. der Demolirung des alten Kameelhauses in der Bognergasse, 1901 (m. B. von Josef, Alois Josef und Rosa S.); A. Meixner, Der Wr. Gmd.rat in den Jahren 1864–68, phil. Diss. Wien, 1975, S. 306; J. Kalmár – M. Waldstein, K. u. K. Hoflieferanten Wiens, 2001, S. 33f.; Materialiensmlg. ÖBL, WStLA, beide Wien.
(E. Lebensaft)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 250
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>