Stiefler, Georg (1876–1939), Psychiater und Neurologe

Stiefler Georg, Psychiater und Neurologe. Geb. Linz (OÖ), 26. 12. 1876; gest. ebd., 10. 8. 1939; evang. AB. Früh verwaist. – Nach Absolv. des Gymn. in Kremsmünster stud. S. ab 1895 Med. an der Univ. Innsbruck. Als Anhänger G. v. Schönerers (s. d.) und aktives Mitgl. der dt.nationalen Burschenschaft Brixia trat er für die Idee eines Großdt. Reichs ein und beteiligte sich an Angriffen auf die akadem. Lehrer und den akadem. Senat; 1903 Dr. med. Bereits vor Stud.abschluß an der Innsbrucker Nervenklinik tätig, erhielt S. nach seiner Prom. eine Sekundararztstelle bei K. Mayer (s. d.). 1904 ging er als Schiffsarzt nach Chile und Peru. Nach seiner Rückkehr wurde S. Oberarzt an der Nervenklinik der Univ. Innsbruck. 1908 wechselte er vorübergehend als Ass. zu Julius Wagner v. Jauregg an die neurolog.-psychiatr. Univ.klinik nach Wien, um seine Ausbildung zu vervollkommnen. Im 1. Weltkrieg Rgt.arzt, machte er die Belagerung von Przemyśl mit, wo er zunächst in russ. Gefangenschaft geriet. Nach seiner Entlassung sammelte er an der Front Erfahrungen als Neurochirurg, 1919 wurde er zum Kmdt. des Garnisons-Res.-Lazaretts 1 in Linz ernannt und übernahm dort bald darauf eine Stelle als Gerichtspsychiater und Nervenarzt; 1920 Habil. für Psychiatrie und Neurol. an der Univ. Innsbruck, 1925 tit. ao. Prof. in Innsbruck und Vorstand des neurolog. Ambulatoriums der Krankenkassenverbände in Linz. In den letzten Jahren seiner Tätigkeit war er Vorstand der psychiatr.-neurolog. Abt. des AKH Linz, wirkte daneben am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und führte eine gutgehende Praxis. Wiss. zeichnete sich S. durch eine rege Publ.- und Vortragstätigkeit aus. Seine Schriften, die sich in der oö. Ärztekammer befinden, befassen sich u. a. mit Psychosen und Neurosen im Krieg, mit Erkrankungen im Hirnstamm und im Kleinhirn, mit Unfallneurosen und mit der Schlafkrankheit. Sein Interesse galt aber auch dem Morbus Parkinson. Mit der Spatz-S.schen-Reaktion (Nachweis von Eisenpigmentablagerungen in den Gliazellen des Gehirns bei progressiver Paralyse durch Schwarzfärbung mit Schwefelammonium) bei Paralysis agitans (Parkinson-Syndrom) hielt sein Name Einzug in die med. Nomenklatur. S. vertrat die Ansicht, daß es keine scharfe Trennung zwischen Psychiatrie und Neurol. und auch keine Abgrenzung gegenüber anderen med. Fachgebieten, insbes. der inneren Med. gäbe, da alle Tle. des menschl. Organismus in regen Wechselbeziehungen stünden. Er spielte in der Standesvertretung der oö. Ärzte als jahrelanges Vorstandsmitgl. des Ärztever. in OÖ (1918 Ver.obmann) eine bedeutende Rolle, auch war er mehrere Jahre im Vorstand der Ges. Dt. Nervenärzte.

W.: s. u. Kreuter.
L.: Tiroler Tagbl., 6. 7. 1900; DBE; Fischer; Kreuter (m. W.); Kürschner, Gel.Kal., 1940/41; Österr. 1918–34, 1935 (m. B.); S. Hermann, in: Dt. Z. für Nervenheilkde. 149, 1939, S. 197ff. (m. B.); Oö. Ärztechronik, ed. E. Guggenberger, 1962 (m. B.); UA, Innsbruck, Tirol; Materialiensmlg. ÖBL, Wien.
(D. Angetter)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 251f.
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