Stocker, Eduard (1841–1913), Pianist, Musiklehrer und Komponist

Stocker Eduard, Pianist, Musiklehrer und Komponist. Geb. Pest (Budapest, Ungarn), 21. 7. 1841; gest. Wien, 4. 7. 1913; röm.-kath. Sohn eines Fabriks- und Grundbesitzers, Bruder von Stefan S. (s. u.). – S. lernte in Pest Violine und Klavier und war Kompositionsschüler von Friedrich Robert Volkmann. Nach der Übersiedlung nach Wien erhielt er Privatunterricht bei Nottebohm und Dessoff (beide s. d.). Nach seinem Debüt als Konzertpianist in Graz folgten ab den 1860er Jahren Auftritte u. a. in Wien, Budapest, Mailand und Venedig. Geschätzt wurde S. insbes. für seine Beethoven- und Schumann-Interpretationen. Er setzte sich außerdem für das Werk F. v. Liszts (s. d.) ein, den er persönl. kannte. 1878–80 (möglicherweise auch 1887) wirkte er als Lehrer für die Ausbildungskl. an der Horak’schen Klavierschule. Daneben war er auch als privater Musiklehrer tätig, kämpfte aber regelmäßig mit finanziellen Problemen und besaß jahrelang nicht einmal ein eigenes Klavier. Sein Spiel wird als techn. glänzend und virtuos beschrieben, soll aber auch durch eine gewisse „Geziertheit und Süßlichkeit“ charakterisiert gewesen sein. Der spätere FZM Salis-Soglio (s. d.) lud S. öfter zu seinen Kammermusikabenden in Wien bzw. nach St. Gertraud in Ktn. ein. S.s Sohn Eduard Paul S. (1879–1956) stud. neben einer militär. Ausbildung 1897–99 Komposition und Musiktheorie am KdM und anschließend Musikwiss. an der Univ. Wien. Er war 1900–18 aktiver Off., danach als Musikschriftsteller und Komponist tätig. S.s Bruder, Stefan S. (geb. Pest, 10. 5. 1846; gest. Wien, 17. 4. 1910; röm.-kath.), war 1867–69 am KdM in Wien Kompositionsschüler von Dessoff, privat von Nottebohm (beide s. d.), und danach zunächst als privater Musiklehrer, 1872 auch kurzfristig als Musikkritiker der „Presse“ in Vertretung (K.) E. Schelles (s. d.) tätig. 1892–98 war er Nebenfachlehrer, danach bis zu seinem krankheitsbedingten Rücktritt 1903 Hauptfachlehrer für Harmonielehre am KdM. S. zählte spätestens ab 1873 zum Kreis um Brahms und war mit R. Fuchs, J. Forster und E. Mandyczewski (alle s. d.) befreundet. Zu seinen Schülern zählten u. a. Gustav Donath, Leo Ascher, Gian Francesco Malipiero, Arthur Johannes Scholz und Andreas Franz Weißenbäck (privat). Als konservativer Theorielehrer geschätzt, war er als Komponist weniger bekannt. Einige Anerkennung fand er mit seinen überwiegend der Salon- und Hausmusik angehörenden Klavierwerken, die in der Tradition Mendelssohn Bartholdys, Schumanns und Brahms’ stehen, an letzteren knüpfen auch seine zahlreichen Lieder an.

W.: Kompositionen für Violine und Orchester, Klaviermusik, Lieder, Chöre. – Stefan S.: Symphonie, Violinkonzert, Klaviermusik, Kammermusik, Lieder; etc.
L.: WZ, 5. (A.), NFP, 6. 7. 1913; Frank–Altmann; Kosel; oeml; Riemann, 11. Aufl.; Zenei Lex. II; A. Jantschowitsch, in: Dt. Kunst- & Musik-Ztg. 7, 1880, S. 229 (m. B.); D. Frh. v. Salis-Soglio, Mein Leben und was ich davon erzählen will, kann und darf 1, 1908, S. 242, 2, 1908, S. 106, 121, 227; E. Sinkowitz, Der Klavierkomponist Stefan S., phil. Diss. Wien, 1955, s. Reg.; Ges. der Musikfreunde in Wien, WStLA, Wr. Zentralfriedhof, alle Wien. – Stefan S.: Eisenberg 1; MGG; oeml; Renner, Nachlässe; Riemann, 11. Aufl.; Zenei Lex. II; Jahres-Ber. des Conservatoriums der Ges. der Musikfreunde in Wien … 1867–68, S. 47, 1868–69, S. 35, 55; Statist. Ber. über das Conservatorium für Musik und darstellende Kunst … 1894–95ff., 1895ff.; H. Volkmann, in: Neue Musik-Ztg. 34, 1913, S. 132ff. (m. B.); A. Weißenbäck, Sacra Musica, 1937; E. Sinkowitz, Der Klavierkomponist S. S., phil. Diss. Wien, 1955 (m. W.); Ges. der Musikfreunde in Wien, Wien.
(B. Boisits)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 273f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>