Stonner, Rudolf (1890–1950), Gewerkschafter

Stonner Rudolf, Gewerkschafter. Geb. Wien, 23. 1. 1890; gest. ebd., 10. 4. 1950. Sohn eines Briefträgers. – Nach Besuch der Handelsschule und eines elektrotechn. Spezialkurses wollte S. ursprüngl. Buchhändler werden und begann ein Praktikum in einem Antiquariat, mußte dieses jedoch nach dem frühen Tod des Vaters abbrechen. Er arbeitete dann ab 1905 als Laufbursche bei der Wr. Straßenbahn, wurde 1908 Hilfsbeamter und 1910 prov. Beamter der Hauptwerkstätte. Während des 1. Weltkriegs diente S. bis 1917 an der italien. Front, danach war er wieder bei der Wr. städt. Straßenbahn tätig. Schon vor dem Krieg gewerkschaftl. engagiert, setzte er diese Aktivitäten nach seiner Rückkehr fort. 1918 begann er mit Vorbereitungen für die Gründung einer Gewerkschaft der städt. Angestellten. Im selben Jahr wurde S. Vertrauensmann der Hauptwerkstätte der Wr. Straßenbahn. Ab 1920 war er führender Funktionär der neugegr. sozialdemokrat. Gewerkschaft der Unternehmungsangestellten, ab 1924 deren 2. Vors. Schon 1923 wurde er Hauptvertrauensmann der Straßenbahnangestellten. Nach dem Verbot der Freien Gewerkschaften 1934 wurde S. vom Oberamtsrat (Abt.leiter) zum Hilfsschreiber degradiert. Er setzte auch in der Illegalität seine Arbeit für die freien Gewerkschaften fort, was schon vor 1938 und bes. in der NS-Zeit zu mehrfachen Maßregelungen und Degradierungen führte. 1938 vorübergehend als Hilfsarbeiter in die Wr. Neustädter Flugzeugwerke (WNF) dienstverpflichtet, wurde er auf Intervention des Wr. Magistratsdir. Rudolf Hornek jedoch ins Ernährungsamt Wien geholt. Nach Kriegsausbruch wurde er in die Landeskartenstelle nach Linz versetzt. Um das Verschwinden einer großen Zahl von Lebensmittelkarten aufzuklären, ließ er die in der Kartenstelle beschäftigten Angehörigen der NS-Frauenschaft einer Leibesvisitation unterziehen, wofür er sich vor Gauleiter August Eigruber verantworten mußte. Im Jänner 1945 wurde S. zum Volkssturm nach Bratislava einberufen, kam Ende April 1945 nach Wien zurück, wurde wieder bei der Wr. Straßenbahn aufgenommen und Mitgl. des Hauptausschusses der Straßenbahner. Nach der Gründung der Gewerkschaft der Gmd.bediensteten innerhalb des neugegr. Österr. Gewerkschaftsbunds (ÖGB) Ende Mai 1945 wurde er mit dessen provisor. Leitung betraut und auf dem 1. Gewerkschaftstag 1947 zum Ersten Vors. der Gewerkschaft der Gmd.bediensteten gewählt. S. war Mitgl. des Bundesvorstands des ÖGB und des Vorstands der Wr. Arbeiterkammer sowie Exekutivmitgl. der Berufsinternationale des Personals des öff. Diensts.

L.: AZ, 12. 4. 1950; Der Gmd.bedienstete 5, 1950, Nr. 1–2, S. 3 (m. B.), Nr. 4, S. 1 (m. B.); 40 Jahre Gewerkschaft der Gmd.bediensteten. 1945–85, 1985; Materialiensmlg. ÖBL, Wien.
(S. Lichtenberger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 320f.
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