Strasser Josef, Journalist und Politiker. Geb. Krakau, Galizien (Krákow, Polen), 11. 9. 1870; gest. Wien, 15. 10. 1935. Aus einer Eisenbahnerfamilie stammend, verehel. mit Isa (Klothilde Isadora) S., geb. v. Schwartzkoppen (geb. Coburg, Dt. Reich/ Dtld., 29. 3. 1891; gest. Wien, 23. 8. 1970). – S. besuchte das Gymn. in Wien und engagierte sich bereits zu dieser Zeit für soziale Fragen, weshalb er von Viktor Adler (s. d.) zur Mitarb. am Lokaltl. der „Arbeiter-Zeitung“ eingeladen wurde. Nach der Matura stud. er Jus in Wien und Zürich, jedoch ohne Abschluß. 1905 wurde er von Adler nach Reichenberg (Liberec) entsandt, um die Leitung des dortigen Parteibl. „Freigeist“ (ab 1911 „Vorwärts“) zu übernehmen. Schon lange vor dem Krieg bildete S. gem. mit Karl Kreibich und Alois Nemetz die sog. Reichenberger Linke, die das Aufkommen dt.radikaler Parteien in Nordböhmen bekämpfte. Sein „Manifest der österreichischen Radikalen“ trug ihm eine scharfe Erwiderung O. Bauers (s. d.) ein, aber auch die Anerkennung u. a. von K. Kautsky (s. d.), Rosa Luxemburg und Lenin. 1912 veröff. S. die Stud. „Der Arbeiter und die Nation“, die eine heftige innerparteil. Debatte in der österr. Sozialdemokratie auslöste. 1913 kehrte er nach Wien zur „Arbeiter-Zeitung“ zurück, außerdem wurde er Mitarb. der satir. Z. „Glühlichter“, verf. Artikel für „Der Kampf“ und engagierte sich in der Bildungsarbeit der SDAP. Nach Kriegsausbruch 1914 übte er harte Kritik am Kurs der SDAP und trat gem. mit seiner Frau 1916 dem Ver. Karl Marx bei. 1917 in Kontakt mit der „Zimmerwalder Linken“, verließ S. im selben Jahr die „Arbeiter-Zeitung“; noch hoffte er, den linken Flügel der SDAP zu stärken. Erst 1919 trat er der Kommunist. Partei Österr. (KPÖ) bei und wurde einer der ersten Red. bzw. Chefred. des „Weckrufs“, der späteren „Sozialen Revolution“ bzw. „Roten Fahne“. Im Herbst 1919 kritisierte er den ultralinken Kurs der alten KPÖ-Führung, blieb damit jedoch weitgehend isoliert. 1921 legte er die Chefred. der „Roten Fahne“ nieder und wurde 1922 aus der Parteiführung entfernt, arbeitete jedoch ab 1923 an der von Radek (s. d.) red. Z. „Die Internationale“ mit. Bis 1928 hielt sich S. mit seiner Frau auf Einladung Lenins in Moskau auf, wo er als Red. und Verlagslektor beschäftigt war. Nach Wien zurückgekehrt, war er zunächst erneut in der Red. der „Roten Fahne“ tätig und wurde in den Parteivorstand der KPÖ gewählt, trat aber bald von seinen Parteiämtern zurück. Wenig später verlor er auch die Funktion eines Korrektors der dt.sprachigen Ausg. der Werke Lenins. I. d. F. näherte sich S. der trotzkist. Internationalen Linksopposition an, stand in briefl. Kontakt mit Trotzki und arbeitete, bereits schwer krank, publizist. in der trotzkist. Bewegung mit. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich auch mathemat. Stud. Sein Sohn Peter S. (geb. Wien, 3. 7. 1917; gest. Jena, Preußen/Dtld., 6. 6. 1962) zählte bereits vor, bes. aber nach 1945 zu den größten polit. Talenten in der Sozialist. Partei Österr. und war zuletzt Präs. der Sozialist. Jugendinternationale.