Strassoldo di Sotto, Giulio Giuseppe Gf. (1771–1830), Beamter

Strassoldo di Sotto Giulio Giuseppe Gf., Beamter. Geb. Görz, Görz und Gradisca (Gorizia, Italien), 1. 9. 1771; gest. Mailand, Lombardo-Venetien (Milano, Italien), 3. 5. 1830. Sohn von Vincenzo S., Geheimrat und Kämmerer von Erzhgn. Maria Amalia, Hgn. v. Parma. – 1796 war S. Off. im Dienst des Großhg. von Toskana, danach trat er in die österr. Verwaltung in Venedig ein. 1809 soll er das Kmdo. über ein IR in Graz innegehabt haben. 1814 kehrte er als k. Koär. im Rang eines FML im Gefolge Bellegardes (s. d.) nach Italien zurück. 1814–15 war S. in Bologna Vizepräs. für Zivilangelegenheiten der prov. Regierung der päpstl. Prov. Bologna, Ferrara und Ravenna. Im April 1815 zum Gen.polizeidir. der Lombardei in Mailand berufen, wurde S. 1816 Gouverneur der Illyr. Prov. in Laibach und 1817 Gouverneur der Lombardei. Obwohl er sich der Probleme bei der Eingliederung der Lombardei in das polit.-administrative System Österr. bewußt war und er gegen den von Wien oktroyierten wirtschaftl. Protektionismus protestierte, ging er schon bald gegen die liberale Presse vor und erließ rigorose Zensurmaßnahmen. U. a. verhängte er im Oktober 1819 ein Erscheinungsverbot über die Z. „Il Conciliatore“. Aus Besorgnis über die revolutionären Bewegungen im Piemont im Sommer 1820 forderte er von der Wr. Regierung die Entsendung weiterer Truppen in die Lombardei. S., der im August 1820 den aufständ. „Carbonari“ mit der Todesstrafe gedroht hatte, ordnete 1821 die Festnahme von 300 Liberalen an und wollte sie wegen Verschwörung anklagen, was jedoch von Vizekg. Erzhg. Rainer Joseph (s. d.) verhindert wurde. Dennoch wurden Piero Maroncelli, Silvio Pellico (s. d.), zu diesem Zeitpunkt Dir. des „Il Conciliatore“, und kurz darauf Gf. Federico Confalonieri, der Gründer dieser Z., zum Tod verurteilt, vom K. jedoch zu Kerkerstrafen begnadigt. Aufgrund seines rigiden Verhaltens wurde S. vorgeworfen, in der Lombardei eine Polizeiherrschaft errichtet zu haben, weshalb die von ihm initiierten infrastrukturellen, wirtschaftl. und sozialen Maßnahmen retrospektiv gesehen in den Hintergrund treten, wie der Bau der Straße über den Splügenpaß (1821), die Förderung der Dampfschiffahrt auf dem Comer See, die 1823 nach Wr. Vorbild erfolgte Gründung der Sparkasse in Mailand und verschiedener sozialer Einrichtungen, etwa des Spitals der Barmherzigen Schwestern oder einer Taubstummenschule. S. war auch auf kulturellem Gebiet engagiert. Trotz seiner umstrittenen Amtsführung konnte er sich bis zuletzt auf seinem Posten behaupten.

L.: Wurzbach; A. Stern, in: Z. für Social- und Wirthschaftsgeschichte 4, 1896, S. 126ff.; J. A. Helfert, K. Franz I. von Österr. und die Stiftung des lombardo-venetian. Kg.reichs, 1901, s. Reg.; ders., Zur Geschichte des lombardo-venezian. Kg.reichs (= Archiv für österr. Geschichte 98/1), 1908, s. Reg.; A. Sandonà, Il Regno Lombardo Veneto 1814–59, 1912, s. Reg.; Storia di Milano, Reg.bd., 1966; M. Meriggi, Amministrazione e classi sociali nel Lombardo-Veneto (1814–48), 1983, s. Reg.; F. Mena, Stamperie ai margini d’Italia, 2003, S. 172ff., 195ff.; KA, Wien.
(S. Cavazza)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 366f.
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