Streicher, Nan(n)ette (Maria Anna); geb. Stein (1769–1833), Klavierfabrikantin und Pianistin

Streicher Nan(n)ette (Maria Anna), geb. Stein, Klavierfabrikantin und Pianistin. Geb. Augsburg, Freie Reichsstadt (Dtld.), 2. 1. 1769; gest. Wien, 16. 1. 1833; evang. AB. Tochter des Klavier- und Orgelbauers Johann Andreas Stein; Schwester von Matthäus Andreas Stein, ab 1794 verehel. mit (Johann) Andreas, Mutter von Johann Bapt. S. (alle s. d.), Großmutter von Emil S. (s. u. Johann Bapt. S.) und E. Pauer, Urgroßmutter von Theodor S. (beide s. d.). – S., die als musikal. Talent galt, wurde früh durch eine Klavier- und Gesangsausbildung gefördert. Sie begleitete ihren Vater auf den Reisen zum Vertrieb seiner Pianoforte, so bereits 1777 nach Wien, wo er bei Hof seinen Vis-à-vis-Flügel vorführte. Im selben Jahr begegnete sie Mozart im elterl. Haus in Augsburg, der ihr Talent zusprach, gleichzeitig allerdings ihr Klavierspiel belustigt kommentierte. Bereits zu Lebzeiten ihres Vaters dessen „treueste Gehilfin“ im Bau des Instruments, übernahm sie nach seinem Tod 1792 gem. mit ihrem jüngeren Bruder Matthäus Andreas die Leitung der Werkstatt. Mit ihrem Einstieg in die Klavierproduktion verlor S. als Komponistin und Interpretin an Präsenz. Nach ihrer Heirat übersiedelte sie mit ihrem Mann sowie ihren Brüdern Matthäus Andreas und Friedrich nach Wien, wo S. mit ersterem die Fa. als Frère et Sœur Stein d’Augsbourg à Vienne weiterführte. 1802 trennten sich die Geschwister geschäftl. Die Klavierfabrik Nanette S., née Stein wurde i. d. F. zu einer der wichtigsten Klaviererzeugungsstätten Wiens. 1812 errichtete man im Hoftrakt des Hauses in der Landstraße den nach akust. Gesichtspunkten konzipierten S.saal, wo u. a. Beethovens neueste Werke aufgef. wurden. Erwähnenswert und zugleich ernüchternd ist Beethovens Briefwechsel mit S. (1817/18), worin er vorwiegend ihre Hilfestellungen für seinen Haushalt ansprach.

W. (auch s. u. Marx-Haas): Johann Andreas und A. M. (Nannette) S. Gesamtausg. der Originalwerke, ed. Ch. Öhm-Kühnle, 10 Bde., 2005–06.
L.: Czeike; MGG; oeml (s. u. Johann Andreas S.); Wurzbach; F. J. Hirt, Meisterwerke des Klavierbaus, 1955, S. XXV, 62f., 103, 109, 113, 334f., 435, 457ff.; H. Pemmer, in: Wr. Geschichtsbll. 14, 1959, S. 36ff.; L. v. Beethovens Konversationshe., ed. K.-H. Köhler – G. Herre, 1–8, 1972–81, s. Reg.; L. v. Beethoven, Briefwechsel Gesamtausg., ed. S. Brandenburg, 1–7, 1996–98, s. Reg. (m. B.); „Diesem Menschen hätte ich mein ganzes Leben widmen mögen“. Beethoven und die Wr. Klavierbauer N. und Andreas S., ed. U. Goebl-Streicher u. a., Bonn 1999 (Kat., m. B.); P. Clive, Beethoven and his world, 2001, s. Reg.; E. Marx – G. Haas, 210 österr. Komponistinnen …, 2001 (m. W. u. B.); Das Mozart-Lex., ed. G. Gruber – J. Brügge, 2005; Mozart. Briefe und Aufzeichnungen 1–8, 2005, s. Reg.; C. Meglitsch, Wiens vergessene Konzertsäle, 2005, S. 45ff. (m. B.); WStLA, Wien.
(G. Haas)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 389
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