Štrekelj, Karl (Karel, Karol) (1859–1912), Slawist, Philologe und Ethnograph

Štrekelj Karl (Karel, Karol), Slawist, Philologe und Ethnograph. Geb. Gorjansko, Görz und Gradisca (Slowenien), 24. 2. 1859; gest. Graz (Stmk.), 7. 7. 1912; röm.-kath. Winzer- und Landwirtssohn. – Nach Gymn.besuch in Görz (Gorizia) stud. Š. mit Unterbrechung ab 1879 an der Univ. Wien slaw. und klass. Philol. sowie vergleichende Sprachwiss.; 1884 Dr. phil. bei Miklosich (s. d.) mit einer Diss. über die Phonol. des Görzer Mittelkarstdialekts, 1886 Habil. mit einer weiteren Stud. zu seinem Heimatdialekt sowie Beitrr. zur slaw. Etymol. (Venia legendi aus slaw. Philol.). 1885–87 war er Hauslehrer bei der gräfl. Familie Colloredo-Mansfeld in Böhmen, 1887–96 Priv.Doz. an der Univ. Wien für slaw. Philol. und Ethnographie. Als Übers. und Red. der slowen. Ausg. des österr. Reichsgesetzbl. trug Š. 1890–96 wesentl. zum Ausbau der slowen. Rechtsterminol. bei. 1896 ao. Prof., 1908 o. Prof. der slaw. Philol. mit bes. Berücksichtigung der slowen. Sprache und Literatur an der Univ. Graz. 1904 war Š. Mitbegründer der slowen. Z. für Geschichte und Volkskde. „Časopis za zgodovino in narodopisje“ und ab 1909 Mithrsg. des „Archivs für slavische Philologie“. 1886 begann er slowen. Volkslieder aus dem Nachlaß von Stanko Vraz für den Druck vorzubereiten. Er rief zum Sammeln mündl. überlieferter Texte und Lieder auf (1887) und prägte den Begriff der literar. Folklore. Š.s Hauptwerk, die z. Tl. kommentierte Volksliedsmlg. „Slovenske narodne pesmi“ (1895–1911), war mit ca. 8.300 slowen. und 400 kajkav.-kroat. Texten nicht nur quantitativ einzigartig, sondern auch methodolog. richtungweisend für den gesamten slaw. Sprachraum: Die tradierten Texte (Lieder, Geschichten, Sprichwörter, Rätsel, Schimpfwörter etc.) wurden nicht nach ästhet. oder moral. Kriterien ausgewählt bzw. in die Schriftsprache übertragen, sondern so notiert, wie sie vorgetragen wurden, unter Angabe von Informanten, Ort, Zeit und Aufzeichner. Glonar (s. d.) schloß dieses monumentale vierbändige Werk mit zwei weiteren Lfg. (1913, 1923) ab. Ab 1905 war Š. auch mit der Smlg. slowen. Liedguts für die geplante Publ. „Das Volkslied in Österreich“ betraut. Als Sprachwiss. widmete er sich v. a. dem Wortschatz des Slowen. und der angrenzenden Sprachen, und hier bes. der Etymol. und dem Lehngut. Seine Grazer slowen. Vorlesungen erschienen posthum als „Historična slovnica slovenskega jezika“ (1922) und stellen die erste hist. Grammatik des Slowen. dar. In Fragen der Ausgestaltung der slowen. Standardsprache und in der Auseinandersetzung um die slowen. Rechtschreibung vertrat Š. mit außerordentl. Sprachgefühl und Pragmatismus Standpunkte, die z. Tl. noch heute Gültigkeit besitzen. Š. war Ehrenmitgl. der russ. Akad. der Wiss. in St. Petersburg (1902) und k. M. der serb. Kgl. Akad. der Wiss. und Künste in Belgrad (1910).

Weitere W. (auch s. u. SBL; Kropej): Morphol. des Görzer Mittelkarstdialektes …, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 113, 1886; Beitrr. zur slav. Fremdwörterkde., in: Archiv für slav. Philol. 12, 1889, 14, 1892; Iz besednega zaklada narodovega, in: Letopis Matice slovenske, 1892; Prinos k poznavanju tujih besed v slovenščini, ebd., 1896; Zur slav. Lehnwörterkde., 1904; Slovanski elementi v besednem zakladu štajerskih Nemcev, in: Časopis za zgodovino in narodopisje 5, 1908, 6, 1909; etc.
L.: Primorski dnevnik, 15. 7. 1962; Enc. Jug. (m. B.); PSBL; Renner, Nachlässe; SBL (m. W.); M. Terseglav, in: Zbornik 24. kongresa jugoslovanskih folkloristov, 1977, S. 220ff.; V. Novak, in: Raziskovalci slovenskega življenja, 1986, S. 236ff.; Enc. Slovenije 13, 1999 (m. B.); M. Kropej, K. Š., 2001 (m. W. u. L.); Slovenski etnološki leks., 2004 (m. L.); Osebnosti. Veliki slovenski biografski leks. 2, 2008 (m. B.); UA, Wien.
(M. Reichmayr)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 396
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