Strobach, Josef Karl (1852–1905), Politiker und Geschäftsmann

Strobach Josef Karl, Politiker und Geschäftsmann. Geb. Wernstadt, Böhmen (Verneřice, Tschechien), 23. 12. 1852; gest. Wien, 11. 5. 1905; röm.-kath. S. war ab 1864/65 in der Buchhandlung seines Onkels, 1870–71 im Postdienst seines Heimatorts, danach als Buchhändler in mehreren dt. Städten und ab 1872 in Wien angestellt. 1878–93 an einer Buchbinderei beteiligt, machte er sich 1883 mit einem Verschleiß von Lehrmitteln und Schulbüchern in Wien 1 selbständig, erlangte 1888 das Heimatrecht in Wien und erbte gem. mit seiner Frau ein Haus in Wien-Margareten. Noch in den 1880er Jahren begann er, sich im Umfeld von Lueger (s. d.) bzw. der sich formierenden christl.sozialen Bewegung polit. zu betätigen, wobei er ein prononcierter Exponent der antisemit. Richtung war. Bereits 1890 kandidierte er an aussichtsloser Stelle als „Zählkandidat“ für den LT, 1891 für den RR. 1892 wurde er Obmann des Ver. der Hausbesitzer des 5. Bez., bald darauf 1. Vizepräs. (später Ehrenpräs.) des Zentralverbands der Hausbesitzerver. von Wien und Umgebung und Obmann des Wählerver. der Vereinigten Christen im 5. Bez. Von 1893 bis zu seinem Tod gehörte er dem Wr. Gmd.rat an, 1895 dem Stadtrat und 1895–96 während der kommissar. Verwaltung der Stadt – aufgrund der Weigerung des K., Lueger als Bgm. zu bestätigen – dem Beirat. Nach der neuerl. Wahl Luegers zum Bgm. (1896) kam es zu einem Arrangement, wonach diesem „dermalen“ die k. Bestätigung nicht erteilt werden könne und S. – als Strohmann – im Mai 1896 Bgm. wurde. Vereinbarungsgemäß trat S. im März 1897 zurück und ermöglichte so die nunmehr auch vom K. bestätigte Wahl Luegers zum Bgm. S.s Amtszeit wurde daher scherzhaft als „Dermalium“ bezeichnet, er selbst fungierte bis zu seinem Tod als 1. Vizebgm. 1896 wurde er in den nö. LT gewählt und war gleichzeitig Landmarschall-Stellv., ab 1897 auch RR-Abg. Daneben war er u. a. Mitgl. der Donauregulierungskomm., landesfürstl. Patronatskoär. der Metropolitankirche zu St. Stefan und Oberkurator der nö. Landeshypothekenanstalt. In S.s Amtszeit als Bgm. fielen v. a. die Gründung des Städt. Gaswerks, dienstrechtl. Verbesserungen für städt. Bedienstete und Vorbereitungen für die Elektrifizierung der Straßenbahn.

L.: RP, 12. 5. 1905; Czeike; F. Czeike, Wien und seine Bgm., 1974, S. 357f. (m. B.); Hdb. der Stadt Wien 99, 1984/85, S. II/235; M. Seliger – K. Ucakar, Wien. Polit. Geschichte 1–2, 1985, s. Reg.; O. Krause, Biograph. Hdb. des NÖ LT 1861–1921, 2005; Wien. Geschichte einer Stadt 3, ed. P. Csendes – F. Opll, 2006, s. Reg.; Pfarramt St. Margareten, WStLA, beide Wien.
(K. Fischer)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 411
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