Strohal, Emil August (1844–1914), Rechtswissenschaftler

Strohal Emil August, Rechtswissenschaftler. Geb. Birgitz (Tirol), 31. 12. 1844; gest. Leipzig, Sachsen (Dtld.), 6. 6. 1914. Sohn eines Revierförsters und späteren Min.konzipisten. – S. absolv. 1862 das Gymn. in Graz und stud. danach in Graz und Wien (1864–65) Jus, wobei er v. a. durch G. Demelius (s. d.) in Graz und Joseph Unger in Wien geprägt wurde; 1867 Dr. jur. der Univ. Graz. In seiner Stud.zeit hatte er gem. mit Hugelmann (s. d.) in Graz die polit.-wiss. Studentenverbindung Orion gegr. und gehörte in den 1860er Jahren zu den wichtigsten Persönlichkeiten des entstehenden dt.nationalen Lagers in Österr. S. entschied sich jedoch nach wenigen Jahren polit. Aktivitäten für die wiss. Laufbahn. Nach der Advokaturspraxis in Graz (1867–69) und Klagenfurt (1870–74) habil. er sich 1875 als Priv.Doz. für österr. Zivilrecht, wurde 1877 ao. Prof. für österr. Zivilrecht, 1881 o. Prof. für österr. bürgerl. Recht an der Univ. Graz; 1887–88 Dekan. In diesen Jahren befaßte er sich v. a. mit Problemen des Sachenrechts, insbes. mit dem Eigentumserwerb an Immobilien, und mit Hypothekenrecht. 1893 wechselte er als o. Prof. für röm. Recht nach Göttingen, ging aber schon 1894 als o. Prof. nach Leipzig, wo er zunächst Pandekten und sächs. Privatrecht, ab 1895 auch über das dt. Bürgerl. Gesetzbuch (BGB) las. Berufungen nach Wien (1897 bzw. 1905) lehnte S. ab. Seine bedeutendsten Schüler waren Moriz Wellspacher und Paul Koschaker, der 1915 S.s Nachfolger an der Univ. Leipzig wurde. Mit der Abh. „Rechtsübertragung und Kausalgeschäft“ (1889) begann S.s wiss. Auseinandersetzung mit dem in Entstehung befindl. BGB; er übte Kritik am ersten und zweiten Entwurf des BGB, insbes. im Bereich des Sachenrechts, des Erbrechts und der Rechtsgeschäftslehre. I. d. F. widmete sich S. bes. dem Erbrecht; sein Hauptwerk, „Das deutsche Erbrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch“, 1896, erfuhr drei Aufl. 1911–14 war er Mithrsg. von „Iherings Jahrbüchern für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts“. S., ein Vertreter der hist.-systemat. Methode der Privatrechtswiss., war einer der bedeutendsten Zivilrechtler der Jh.wende und wirkte bahnbrechend auf dem Gebiet des neuen dt. bürgerl. Rechts. Er führte den Titel kgl. sächs. Geheimer HR.

Weitere W. (auch s. u. Mitteis): Rechtsübertragung und Kausalgeschäft, in: Jherings Jbb. für die Dogmatik des bürgerl. Rechts 27, 1889; Autobiograph. Skizze, in: Dt. Juristen-Ztg. 14, 1909; etc.
L.: G. Wesener, in: ZRG, Romanist. Abt. 93, 1976, S. 534f.; L. Wenger, E. S., 1914; O. v. Gierke, in: Jherings Jbb. ... 64, 1914, S. 355f.; L. Mitteis, E. S. ..., 1914 (m. B. u. W.); E. Heymann, in: Dt. Juristen-Ztg. 19, 1914, Sp. 796ff.; E. Wellspacher, E. S., 1915; P. Molisch, Geschichte der dt.nationalen Bewegung in Österr., 1926, S. 124f.; R. Rimpel, E. S. und seine Bedeutung für das österr. Liegenschaftsrecht, jur. Diss. Wien, (1946); G. Wesener, Röm. Recht und Naturrecht, 1978, s. Reg.; H. Hofmeister, in: Juristen in Österr. 1200–1980, ed. W. Brauneder, 1987, S. 217ff., 358f.; G. Knöchlein, in: Geschichte und Gegenwart 14, 1995, S. 239ff.; G. Wesener, Österr. Privatrecht an der Univ. Graz, 2002, S. 79ff. (m. B.); ders., in: Iurisprudentia universalis, 2002, S. 853ff. (m. L.); AVA, UA, beide Wien; UA, Graz, Stmk.
(G. Wesener)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 420
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