Swoboda, Ernst (1879–1950), Jurist

Swoboda Ernst, Jurist. Geb. Tachau, Böhmen (Tachov, CZ), 18. 6. 1879; gest. Wien, 24. 4. 1950; evang. AB. Sohn eines Oberpostmeisters. – Nach der Matura am Gymn. in Mies (Stříbro) stud. S. 1898–1901 an der dt. Univ. Prag sowie 1901–02 in Innsbruck und Graz Jus. 1910 legte er die Richteramtsprüfung ab und amtierte als Bez.richter. 1912 Dr. jur. der Univ. Graz, habil. er sich dort 1919 als Priv.Doz. für allg. bürgerl. Recht. Danach OLGR in Graz, wurde er 1924 ao., 1933 o. Prof. für bürgerl. Recht an der dt. Univ. Prag, ehe er 1939 o. Prof. für Zivilgerichtl. Verfahren und bürgerl. Recht sowie Vorstand des Inst. für Rechtsvereinheitlichung an der Univ. Wien wurde. 1941/42 und 1942/43 fungierte er als stellv., 1943/44 als Dekan der rechtswiss. Fak. S. war auch polit. tätig. Ab 1935 war er Mitgl. der Sudetendt. Partei, kam im September 1938 zum polit. Stab Konrad Henleins und wurde im Oktober 1938 zum Vors. der Arbeitsgemeinschaft für die Rechtsangleichung der sudetendt. Gebiete ernannt. Ab November dieses Jahres NSDAP-Mitgl., wurde er 1939 SA-Sturmbannführer und 1940 Gaugruppenwalter im NS-Rechtswahrerbund. In seinen Arbeiten setzte sich S. u. a. mit Bereicherung und Bevollmächtigungsvertrag, mit der Neugestaltung des bürgerl. Rechts auf naturrechtl. und dt.rechtl. Grundlage, mit Strafrecht und öff. Recht sowie mit Mietrecht und Mieterschutz auseinander. Eingehend befasste sich S. mit Biographie und Werk des Juristen Franz v. Zeiller, wobei er den Einfluss der krit. Phil. Kants auf Zeiller und das Allg. Bürgerl. Gestzbuch (ABGB) aufzeigte („Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Lichte der Lehren Kants“, 1926), die prakt. Bedeutung dieses Einflusses aber stark überschätzte, hingegen den Einfluss der älteren Naturrechtslehre unterbewertete. Mit seiner Antrittsvorlesung an der dt. Univ. Prag konnte S. die beabsichtigte Streichung der einleitenden Bestimmungen des ABGB im tschechoslowak. Entwurf eines bürgerl. Gesetzbuchs verhindern. Insgesamt strebte er eine Neugestaltung des bürgerl. Rechts an. 1945 wurde er seines Lehramts enthoben. S. wurde 1936 Dr. h. c. rer. pol. der Univ. Breslau.

W.: Natur und Inhalt des Bereicherungsanspruchs im österr. Recht, 1916; Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag, versio in rem nach österr. Recht mit Ausblicken auf das dt. Recht, 1919; Unser allg. bürgerl. Gesetzbuch und die neue Zeit, in: Jurist. Bll. 48, 1919; Franz v. Zeiller, 1931; Die Neugestaltung des bürgerl. Rechts, 1935; Die Einwirkung der Phil. Kants auf das österr. und tschechoslowak. bürgerl. Recht, in: Z. für die gesamte Staatswiss. 98, 1937; Grundfragen der Rechtsauffassung, 1938 (gem. m. R. Höhn – Th. Maunz); etc.
L.: H. Slapnicka, Österreichs Recht außerhalb Österr., 1973, S. 58; H. Hattenhauer, in: FS R. Gmür, 1983, S. 283; Willfährige Wiss. Die Univ. Wien 1938–45, ed. G. Heiss u. a., 1989, s. Reg.; P. Goller, Naturrecht, Rechtsphil. oder Rechtstheorie?, 1997, S. 292ff.; A. Mišková, in: M. Glettler – dies., Prager Prof. 1938–48, 2001, S. 31f.; G. Wesener, Österr. Privatrecht an der Univ. Graz, 2002, S. 79ff.; Univ. in nationaler Konkurrenz, ed. H. Lemberg, 2003, s. Reg.; I. Schartner, Die Staatsrechtler der jurid. Fak. der Univ. Wien im „Ansturm“ des Nationalsozialismus, 2011, S. 321ff.; UA, Graz, Stmk.; AdR, AVA, UA, alle Wien.
(G. Wesener)  
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 84f.
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