Szécsen von Temerin, Antal Gf. (1819–1896), Politiker

Szécsen von Temerin Antal Gf., Politiker. Geb. Ofen (Budapest, H), 17. 10. 1819; gest. Aussee (Bad Aussee, Stmk.), 23. 8. 1896; röm.-kath. Sohn des Präs. der Ung. Kammer und Obersthofmeisters von Erzhgn. →Sophie, Miklós Gf. S. v. T. d. Ä. (geb. 4. 9. 1782; gest. Wien, 2. 9. 1871), und von Franziska Gfn. S. v. T., geb. Gfn. Forgách (geb. 17. 10. 1785; gest. 27. 5. 1816), Vater von →Miklós Gf. S. v. T. d. J.; ab 1850 verheiratet mit Ernestine Gfn. S. v. T., geb. Gfn. v. Lamberg (geb. 23. 4. 1829). – S. stud. 1832–36 an der Rechtsakad. Preßburg und bereitete sich anschließend auf den diplomat. Dienst vor. 1838 wurde er Hon.-Vizenotar des Kom. Wieselburg und war im folgenden Jahr als Rechtspraktikant auf dem ung. LT tätig. 1840 Hon.-Konz. in der Ung. Hofkanzlei in Wien; im selben Jahr begleitete er →József Lonovics nach Rom, wo dieser mit Vertretern des Hl. Stuhls über die Regelung der Mischehen in Ungarn verhandelte. S. war Hauptredner der Konservativen der Magnatentafel des ung. LT 1843–44 und entfaltete i. d. F. eine umfangreiche publizist. Tätigkeit gegen die liberale Opposition. 1845 wurde er zum Obergespan-Administrator des Kom. Pozsega ernannt. 1846 unternahm er Reisen durch Frankreich, England und mehrere dt. Staaten; im November dieses Jahres war er Präs. des Ausschusses für die Ausarbeitung des Programms der konservativen Partei. Während der Revolution von 1848 informierte S. →Klemens Wenzel Lothar Fürst Metternich-Winneburg laufend über die Vorgänge in Ungarn. 1849 wurde er als Botschaftsattaché nach London entsandt, wo er den antiösterr. Tendenzen der engl. Presse entgegenwirken sollte. In den folgenden Jahren verf. S. gem. mit anderen konservativen Politikern mehrere Denkschriften zur Wiederherstellung der ständ.-hist. Verfassung, der selbstständigen inneren Verwaltung und der territorialen Integrität Ungarns. 1860 wurde er in den „Verstärkten Reichsrat“ berufen; im selben Jahr Minister ohne Portefeuille in der Regierung Rechberg. Nach einem Konflikt mit →Anton v. Schmerling in der Frage des ung. RT wurde er 1861 seines Amts enthoben. Als Mitgl. des ung. Oberhauses setzte er sich ab 1865 für den Ausgleich mit Österr. ein, wobei sein Interesse v. a. staatsrechtl. und außenpolit. Fragen galt. 1866 und 1868 war er Mitgl. der Deputation, die das staatsrechtl. Verhältnis zwischen Ungarn und Kroatien regelte; 1867 und 1877 nahm er an den Verhh. zur Bemessung der Beitragsleistungen Ungarns zum gem. Budget der Monarchie teil. S. war 1884–96 Obersthofmarschall. Ab 1860 Geh. Rat, wurde er 1871 Kommandeur des St. Stephans-Ordens, 1887 erhielt er den Orden vom Goldenen Vlies; 1891 lebenslängl. Mitgl. des ung. Oberhauses. Weiters wurde er aufgrund seiner hist. und literar. Essays 1866 Dion.mitgl. und 1877 Ehrenmitgl. der MTA, im selben Jahr Mitgl. der Kisfaludy-Ges. Außerdem war er 1887 1. Vizepräs. und 1889–94 Präs. der Ung. Hist. Ges. Dieses Amt sowie die Ehrenmitgl.schaft der MTA legte er 1894 aus Protest gegen die Teilnahme dieser Körperschaften am Begräbnis von →Lajos Kossuth v. Udvard u. Kossut zurück.

W.: s. Szinnyei.
L.: Szinnyei (m. W.); L. Thallóczy, in: Századok 35, 1901, S. 289ff., 385ff., 485ff.; Csengery A. hátrahagyott iratai és feljegyzései, ed. L. Csengery, 1928, s. Reg.; J. Horváth, in: Budapesti Szemle, 1937, S. 364ff.; A nagybirtokos arisztokrácia ellenforradalmi szerepe 1848–49-ben 1–2, bearb. E. Andics, 1952–81, s. Reg.; Gy. Szabad, Forradalom és kiegyezés válaszútján 1860–61, 1967, s. Reg.; E. Andics, Metternich und die Frage Ungarns, 1973, s. Reg.; Die Protokolle des österr. Ministerrates 1848–67, Abt. 4, 2–3, ed. St. Malfèr, 2007–09, s. Reg.; I. Z. Dénes, Liberális kihívásra adott konzervatív válasz, 2008, s. Reg.; ders., Conservative Ideology in the Making, 2010, s. Reg. (m. B.); HHStA, Wien; Pfarre Bad Aussee, Stmk.
(I. Ress)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 132f.
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