Széps, Julius (1867–1924), Journalist

Széps Julius, Journalist. Geb. Wien, 5. 11. 1867; gest. ebd., 27. 10. 1924; mos. Sohn von →Moritz S. und Amalie S., geb. Schlesinger (geb. Wien, 7. 8. 1838; gest. ebd., 11. 10. 1912), Bruder der Schriftstellerin und Journalistin Bert(h)a Zuckerkandl(-S.) (geb. Wien, 13. 4. 1864; gest. Paris, F, 16. 10. 1945), von Sophie Clemenceau, einer Schwägerin des französ. Ministerpräs. Georges Clemenceau, sowie des Arztes und Publizisten Leo(n) S. (geb. Wien, 17. 4. 1864; gest. ebd., 7. 4. 1903); ab 1904 verehel. mit der Erzieherin Mathilde S., geb. Schuhbauer. – S. stud. 1885–89 Jus an der Univ. Wien; 1891 Dr. iur. Anfang der 1890er-Jahre begann er seine journalist. Laufbahn als polit. Red. in dem von seinem Vater geleiteten „Wiener Tagblatt“, hielt sich dazwischen aber auch einige Zeit in Paris auf. Nach dem Verkauf der Ztg. wechselte er 1899 zur „Wiener Allgemeinen Zeitung“ und fungierte bis 1909 als deren Chefred. und zeitweiser Hrsg. Es gelang ihm dabei, eine Reihe junger Talente, wie Alfred Polgar oder Ludwig Ullmann, an das Bl. zu binden, das in kulturellen Fragen liberal war, außenpolit. aber die Regierungslinie unterstützte. S., ein entschiedener Anhänger der konstitutionellen Monarchie, sprach fließend Französ., Engl. sowie Italien. und unterhielt Kontakte zum engeren Hofkreis; sowohl die Ztg. als auch er selbst erhielten vom Außenmin. finanzielle Zuwendungen. Wiederholt unterstützte er →Aloys Gf. Lexa v. Aehrenthal bei Sondierungsgesprächen mit französ. und italien. Stellen und stand ebenso in regelmäßigem Kontakt zum brit. Botschafter sowie zu Vertretern einiger Staaten Südosteuropas in Wien. So versuchte er etwa 1907 im Auftrag Aehrenthals im Konflikt zwischen Frankreich und Österr.-Ungarn um Waffenlieferungen an das Kg.reich Serbien zu vermitteln und führte mehrmals Gespräche mit Ministerpräs. Clemenceau. Anfang 1909 übernahm S. die Chefred. des offiziösen „Fremden-Blatts“, die er zwar bis 1919 innehatte, die aber im Zuge einer zeitweiligen Annäherung der Papierfabriks- und Verlagsges. Elbemühl an den Prager Mercy-Pressekonzern bereits Anfang März 1918 zur Disposition stand. Ab dem Frühjahr 1919 arbeitete er als außenpolit. Red. des Nachfolgebl. „Der neue Tag“. Nach dessen Einstellung war S. erneut als Chefred. der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ und der „Wiener Mittagszeitung“ tätig, trat jedoch im Dezember 1922 anlässl. eines neuerl. Eigentümerwechsels von der Elbemühl an eine ung. Gruppe von dieser Funktion zurück. Im Zuge der Verhh. über eine ausländ. Anleihe zur Sanierung der österr. Währung fungierte er als Berater von →Johannes Schober, der ebenfalls S.’ gute Kontakte zur französ. Regierung nützte. Von 1923 bis kurz vor seinem Tod wirkte S. als redaktioneller Mitarb. des „Neuen Wiener Journals“, in dem er Erinnerungen aus Politik und Diplomatie sowie lokalhist. Beitrr. veröff.

W.: Ed.: Kronprinz Rudolf – Polit. Briefe an einen Freund 1882–89, 1922.
L.: NFP (A.), RP, WZ, 27. 10. 1924; Wr. Allg. Ztg., 28. 10. 1924, 27. 10. 1925; H. A. Gemeinhardt, Dt. und österr. Pressepolitik während der Bosn. Krise 1908/09, 1980, S. 55f.; L. O. Meysels, In meinem Salon ist Österr., 2. Aufl. 1984, s. Reg.; R. Hubert, Schober. „Arbeitermörder“ und „Hort der Republik“, 1990, s. Reg.; H. Friedjung, Geschichte in Gesprächen … 1898–1919, ed. und eingeleitet F. Adlgasser – M. Friedrich, 2, 1997, s. Reg.; L. Ullmann, Erinnerungen (Ms., Dokumentationsstelle für neuere österr. Literatur, Wien); AVA, Bundespolizeidion., HHStA, IKG, UA, alle Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 148
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