Stummer von Traunfels, Josef Mauritius Ritter (1808–1891), Eisenbahnfachmann, Bautechniker und Architekt

Stummer von Traunfels Josef Mauritius Ritter, Eisenbahnfachmann, Bautechniker und Architekt. Geb. Korneuburg (NÖ), 18. 3. 1808; gest. Wien, 12. 2. 1891; röm.-kath. Sohn eines Maurermeisters, Schwiegersohn →Johann Josef v. Prechtls, Vater des bei der K. Ferdinands-Nordbahn tätigen Josef S. v. T. (geb. Wien, 27. 12. 1839; gest. 18. 1. 1893) sowie von Rudolf S. v. T., Großvater von Robert S. v. T. (beide s. u.) und dem Zoologen Rudolf S. v. T. (1866–1961). – Nach Besuch des Wr. Schottengymn. stud. S. 1823–27 am polytechn. Inst. in Wien. Daneben arbeitete er im väterl. Betrieb und erwarb 1826 den Steinmetzbrief. Als Schüler →Peter Nobiles stud. S. 1827–31 auch Architektur an der Wr. ABK. 1831 wurde er Ass. →Johann v. Kudriaffskys, 1833 Supplent und 1836 Prof. für Land- und Wasserbaukunst am Wr. Polytechnikum, das 1836–39 nach seinen Plänen und unter Einsatz zahlreicher techn. Neuerungen wesentl. erweitert wurde, um Raum für Ausst. zu gewinnen. 1842 erwirkte er die Fächertrennung von Land- und Wasserbau und legte damit den Grundstein für den noch heute bestehenden Architekturunterricht an der TU Wien. Anfang der 1850er- Jahre setzte sich S. für die in die Hochverratsaffäre um den Ass. Cäsar v. Bézard involvierten Studenten ein. Zu seinen Schülern zählten u. a. →August Sicard v. Sicardsburg, →Eduard van der Nüll, →Johann Georg v. Schoen, →Adolf v. Gabriely, →Emanuel v. Ringhoffer und Otto Wagner. Neben seiner Lehrtätigkeit (1867 i. R.) war S., der ab 1838 der St.-Stephansturm-Baukomm. und ab 1843 dem Hofkammer-Bau-Komitee angehörte, mit der Planung und Ausführung von Wohn- und Ind.bauten, Verwaltungsgebäuden, insbes. aber von Eisenbahnhochbauten betraut und war auch als Gutachter tätig. 1843 wurde er Dion.mitgl., 1844 techn. Dir. und 1849 Dion.präs. der K. Ferdinands-Nordbahn (bis 1882), um deren Ausbau und Verbindung zur Südbahn er sich ebenso verdient machte wie um die Neugestaltung des Nordbahnhofs. In den 1850er-Jahren war S. beim Ausbau der Semmeringbahn und der Kärntner Bahn beschäftigt. Er gehörte ferner dem Verw.R. der galiz. Carl-Ludwig-Bahn (Vizepräs.) und jenem der Theißbahn an und war Vors. des Techn. Ausschusses des Ver. dt. Eisenbahnverwaltungen (1881 Ehrenpräs.). Mit seiner bildl. Darstellung der Geschichte der K. Ferdinands-Nordbahn erzielte er auf den Weltausst. von Paris (1855) und London (1862) einen ersten Preis. 1859 veröff. er eine Routenkarte der wichtigsten europ. Eisenbahnlinien. S. red. 1875–78 „Fromme’s Oesterreichischen Ingenieur-Kalender“ und gab 1874–77 die Z. „Stummer’s Ingenieur“ heraus. Er war zudem Vizepräs. des Österr. Kunstver. und der Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe. Ausgez. wurde S. u. a. mit der Goldenen Medaille für Kunst und Wiss. (1855) sowie dem Orden der Eisernen Krone III. Kl. (1865); 1866 Erhebung in den Ritterstand, 1867 Reg.Rat, 1878 HR. Sein Sohn Rudolf S. v. T. (geb. Wien, 23. 1. 1848; gest. Salzburg, Sbg., 15. 1. 1928; beerdigt: Zell am See, Sbg.; röm.-kath.) stud. 1865/66 am Wr. und 1866–70 am Zürcher Polytechnikum. Er war beim Bau der Bahn Feldkirch–Bregenz tätig, initiierte später den Bau der Mori-Arco-Riva-Bahn (1891 eröffnet), erbaute die Valsugana-Bahn im Trentino (1896 eröffnet) sowie die Pinzgauer Lokalbahn (1898 eröffnet) und war Gen.insp. der böhm. Kommerzialbahnen. Baurat Rudolf S. gehörte 1891–95 dem Wr. Gmd.rat an. S.s Enkel Robert S. v. T. (geb. Perchtoldsdorf, NÖ, 29. 8. 1868; gest. Steyr, OÖ, 20. 9. 1946; röm.-kath.) trat 1888 in die Armee ein (1917 Obst., 1922 GM), wurde 1913 in die 7. Abt. des Kriegsmin. versetzt (1920 i. R.) und war 1920–22 noch im Militärliquidierungsamt tätig. Er hatte 1889/90 an der TH Wien stud. und konstruierte ein Versuchsgewehr, das um 1910 von der Österr. Waffenfabriks-Ges. in Steyr gefertigt wurde. Die dazugehörige, ebenfalls von Robert S. entwickelte 8 x 57 mm Spitzpatrone wurde von der Hirtenberger Patronenfabrik und der Fa. Manfred Weiss erzeugt.

Weitere W.: Erweiterung des Alten AKH, 1833–34, großes Bankogebäude Singerstraße, 1843, Zentralpostgebäude (alle Wien); Tabakfabrik, 1840 (Schwaz); Oderbrücke, 1850 (bei Oderberg); etc. – Publ.: Graph. Darstellung der Gliederung der österr. Lehranstalten, 1862.
L.: Die Presse, NFP (beide m. Parte), WZ, 13. 2. 1891; Czeike; Wurzbach; Beschreibender Kat. des k. k. hist. Mus. der österr. Eisenbahnen, 1902, S. 312f.; H. Gollob, in: Heraklith Rundschau 11, 1951, S. 20ff. (m. B.); dies., in: Wr. Geschichtsbll. 7, 1952, S. 65ff.; dies., in: Bll. für Technikgeschichte 14, 1952, S. 64ff. (m. B.); dies., in: FS zum hundertjährigen Bestand des Ver. für Landeskde. von NÖ und Wien 2, 1964, S. 711ff.; dies., in: Wr. Geschichtsbll. 20, 1965, S. 426ff.; 150 Jahre TH in Wien 1815–1965, 1–2, ed. H. Sequenz, 1965, s. Reg. (m. B.); E. Krofian, in: Kulturnachrichten der Marktgmd. Dt.-Wagram 9, 1968, S. 63ff.; Ch. Hantschk, J. J. Prechtl und das Wr. Polytechn. Inst., 1988, s. Reg. (m. B.); B. Neuner, Bibliographie der österr. Eisenbahnliteratur … 3, 2002, S. 1365, 1426 (m. B.); ABK, AVA, TU, alle Wien. – Rudolf S. v. T.: Sbg. Volksbl., 16. 1. 1928 (Parte); NFP, 24. 1. 1928; E. Baumgartner, Eisenbahnlandschaft Alt-Tirol, 1990, s. Reg.; Erzdiözese Salzburg, Salzburg; TU, Wien; ETH Zürich, CH. – Robert S. v. T.: NWT, 26. 8. 1943; J. Mötz, Österr. Militärpatronen 1, 1996, S. 175 (CD-ROM); J. Mikoletzky, „… um der Rettung der Freiheit willen!“ Das Jahr 1848 und die Folgen am k. k. polytechn. Inst. in Wien, 1998, S. 39f.; KA, TU, beide Wien; Mitt. Heinz Placz, Wien.
(R. Kurdiovsky – E. Offenthaler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 2f.
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