Sturm, Eduard (Mathias Josef); Ps. Adam Osten (1830–1909), Politiker und Jurist

Sturm Eduard (Mathias Josef), Ps. Adam Osten, Politiker und Jurist. Geb. Olmütz, Mähren (Olomouc, CZ), 8. 2. 1830; gest. Kirchberg, Bayern (Bad Reichenhall, D), 24. 8. 1909; röm.-kath. Sohn eines Gymn.lehrers. – Nach Schulbesuch in Olmütz absolv. S. 1847 die phil. Lehranstalt in Brünn (Brno), danach ein Jusstud. an der Univ. Olmütz (1852 Dr. jur.) und war bereits ab 1851 in Brünn als Jurist tätig. 1855 legte er in Wien die Rechtsanwaltsprüfung ab und erhielt 1856 in Pest (Budapest) eine Advokatenstelle. Ab 1861 mähr.-schles. Landesadvokat in Brünn, übersiedelte er 1872 mit seiner Kanzlei nach Wien. Daneben arbeitete er an Gerichtsztg. und jurist. Fachwerken mit. In Brünn gehörte er 1870–72 dem Gmd.ausschuss an und beteiligte sich an der Gründung und Leitung zahlreicher dt. Ver. So war S. 1867–72 Obmann des Brünner Turnver. (1872 Ehrenobmann) und förderte ab 1870 den Aufbau der Studentenverbindung Arminia Brünn. Nach 1871 stieg S. als Nachfolger →Karl Giskras zum führenden dt.liberalen Politiker Mährens auf. Als langjähriges Vorstandsmitgl. der dt.liberalen Partei Mährens war er bis 1878 Mitinhaber der Brünner Ztg. „Der Mährische Correspondent“. Als Abg. des mähr. LT (1865–89) gehörte er 1868–70 und 1871/72 dem mähr. Landesausschuss an. 1867–71 und 1873–89 auch RR-Abg., wurde er in die Ausgleichsdeputation und mehrfach in die Delegationen gewählt. Eine Schlüsselfunktion kam ihm 1867 als Berichterstatter bei der Ausarbeitung des Staatsgrundgesetzes und der Dezemberverfassung zu. S. trat für die rechtl. Gleichstellung der Religionsgemeinschaften (insbes. der mos.), für die Zivilehe, die Entkatholisierung des Volksschulwesens und allg. für die Garantie der Grundrechte ein. 1870 und 1885 war er Hauptredner der Opposition in den Adressdebatten, 1874 wirkte er als Berichterstatter bei der Geschäftsordnungsreform mit. 1880 unterstützte er im RR den gescheiterten Antrag auf Festlegung der dt. Staatssprache und beantragte das allg. und gleiche Wahlrecht. S. befürwortete die Abrüstung und lehnte 1878 die Okkupation Bosnien-Herzegowinas sowie den Berliner Vertrag ab. 1876 wechselte er von der Verfassungspartei zum Fortschrittsklub, dessen Programm er 1879 formulierte. Ab 1881 gehörte er dem Vorstand der Vereinigten Linken und ab 1885 dem Vorstand des dt.-österr. Klubs im RR an. 1880 leitete S. den dt.-mähr. Parteitag und wirkte beim dt.-österr. Vereinigungsparteitag in Wien erfolgreich als Schlichter zwischen den Parteiflügeln. Nach seinem Rückzug aus der Politik 1890 war S. noch bis 1898 als Anwalt in Wien tätig und gehörte 1892–98 als vom Abg.haus entsandtes Mitgl. dem österr. Staatsgerichtshof an.

L.: NFP, 25. (A.), 26., 27. 8. 1909; Pester Lloyd, 26. 8. 1909 (A.); Biograph. Jb. 14, 1912; Hahn, 1867, 1873, 1879, 1885; Heller 1; Otto; Wurzbach; E. Vodnarik, Die Landesvertretung der Markgrafschaft Mähren ..., 1884, S. 33f.; Die Gmd. Iglau und ihr Wirken in den Jahren 1865–89, 1890; Notizen-Bl. der hist.-statist. Section der k. k. mähr. Ges. zur Beförderung der Landwirtschaft, der Natur- und Landeskde., 1895, H. 10, S. 73f.; Jurist. Bll. 38, 1909, S. 415; E. v. Plener, Erinnerungen 2, 1921, S. 375f.; D. Harrington-Müller, Der Fortschrittsklub im Abg.haus des österr. RR 1873–1910, 1972, s. Reg.; H. Dvorak, Biograph. Lex. der Dt. Burschenschaft 1/5, 2002 (m. B.); L. Fasora, Svobodný občan ve svobodné obci?, 2007, S. 333f. (m. B.).
(R. Luft)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 13
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