Tauffer, Vilmos (1851–1934), Gynäkologe

Tauffer Vilmos, Gynäkologe. Geb. Klausenburg, Siebenbürgen (Cluj-Napoca, RO), 2. 7. 1851; gest. Budapest (H), 7. 12. 1934 (Selbstmord); röm.-kath. Sohn eines Kaufmanns, Bruder des Juristen Emil T. (1845–1891). – Nach seiner Matura in Klausenburg 1869 stud. T. Med. an der Univ. Pest, 1871–73 an der Univ. Wien und danach in Budapest; 1874 Dr. med., Dr. chir. und Mag. obstet. Zunächst Ass. an der gynäkolog. Klinik in Budapest, vervollkommnete er seine Ausbildung 1876–78 mit Unterstützung des Schordanschen Reisestipendiums in Wien, Prag, Breslau (Wrocław) sowie in Freiburg im Breisgau, wo er eine Ass.stelle bei dem Gynäkologen Alfred Hegar erhielt. Dort eignete er sich die Technik der bimanuellen Untersuchung sowie die Grundkenntnisse von operativen Verfahren in der Gynäkol. an. Ein weiteres Stipendium ermöglichte ihm Forschungsaufenthalte in England, Frankreich und in der Schweiz. 1878 nahm er als Militärarzt an der Okkupation von Bosnien und Herzegowina teil. Nach seiner Rückkehr wurde T. Ass., 1879 Priv.Doz. für gynäkolog. Operationen sowie 1881 o. Prof. und Dir. der 2. Gebär- und gynäkolog. Klinik. Neben →Ignaz Philipp Semmelweis zählte er zu den bedeutensten Persönlichkeiten der ung. geburtshilfl. und gynäkolog. Med. und gilt als Begründer der operativen Gynäkol. 1878 vollzog er seine erste Bauchoperation und führte als Erster Curettagen sowie Scheidenplastik-Operationen durch. 1890 gelang ihm der erste erfolgreiche Kaiserschnitt in Ungarn. Weiters spezialisierte er sich auf Fistel- und Harnleiteroperationen sowie Nieren- und Gallenblasenentfernungen. Bes. Verdienste erwarb er sich auf dem Gebiet der Vaginaoperation bei Gebärmutterkrebs, ein Verfahren, das er in die Gynäkol. einführte. Ebenso wandte er als Erster in Ungarn die Röntgendiagnostik (ab den 1910er-Jahren) sowie die Radiumtherapie bei krebskranken Frauen an. Darüber hinaus implementierte T. ein System zur Datenerfassung aller Geburten und damit zusammenhängender Komplikationen wie Fehlgeburten, Bauchhöhlenschwangerschaften oder notwendiger Operationen. Seine Monatsstatistiken, als „T.-Statistik“ bekannt, waren die erste systemat. Gebärstatistik der Welt. 1918 emer., fungierte T. ab 1927 als Regierungskoär. für Gebärangelegenheiten und spielte in dieser Funktion eine wichtige Rolle bei der Reformierung der Hebammenausbildung. Seine Fachpubl. erschienen sowohl in dt. als auch in ung. Sprache, u. a. im „Archiv für Gynäkologie“ und im „Orvosi Hetilap“. Erwähnenswert sind sein zweibändiges Hdb. der Frauenkrankheiten „A nőgyógyászat kézikönyve“, 1916 (gem. mit István Tóth u. a.) und seine Publ. über die neue Geburtshilfeordnung „Az új szülészeti rendtartás“, 1928 (dt. 1934). 1902 gründete er die Z. „Gynekológia“. T. war ab 1897 Mitgl. des Landesgesundheitsrats in Ungarn (1902–34 Präs.), 1915 Gründer des Stefánia Szövetség und Mitgl. mehrerer in- und ausländ. Fachges., u. a. o. Mitgl. der Dt. Ges. für Gynäkol. und Geburtshilfe. 1882–91 sowie 1927–34 war T. Mitgl. des Hauptstädt. Ausschusses der Haupt- und Residenzstadt Budapest, ab 1905 Mitgl. der Freimaurerloge Pátria.

Weitere W. (s. auch Új magyar életrajzi lex.): Abhh. aus dem Gebiete der Geburtshilfe und Gynaekol. ..., 2 Bde., 1909–13; Jelentés az új szülészeti rendtartás életbeléptetéséről, 1932; etc.
L.: Das geistige Ungarn; Pagel; Wininger; MS für Geburtshülfe und Gynäkol. 98, 1935, S. 320; Az orvostudományi kar története 1770–1935, ed. T. Győry, 1936, s. Reg. (m. B.); S. Fekete, T. V. Adatok a magyar szülészet és nőgyógyászat történetéhez 1851–1934, 1971 (m. B.); ders., in: Orvosi Hetilap 112, 1971, S. 809ff.; L. Vértes, in: Balneológia, Gyógyfürdőügy, Gyógyidegenforgalom 23, 2002, S. 61ff. (m. B.); Új magyar életrajzi lex. 6, 2007 (m. B., W. u. L.); UA, Wien; Semmelweis Egyetem, Budapest, H.
(K. Kapronczay)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 211f.
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