Tessenow, Heinrich (1876–1950), Architekt und Fachschriftsteller

Tessenow Heinrich, Architekt und Fachschriftsteller. Geb. Rostock, Mecklenburg-Schwerin (D), 7. 4. 1876; gest. Berlin (D), 1. 11. 1950. Sohn eines Bautischlers; ab 1903 verehel. mit Elly Mathilde T., geb. Schülke. – T. besuchte 1892–93 die Lehrerbildungsanstalt, absolv. 1894–96 die Zimmermannslehre im väterl. Tischlerbetrieb und bildete sich 1896 an der städt. Baufachschule in Neustadt in Mecklenburg, anschließend an der sächs. Baugewerkschule in Leipzig fort. 1900–01 stud. er an der TH München und praktizierte bei dem Architekten Martin Dülfer. 1902–09 war er als Lehrer an verschiedenen Baufachschulen in Dtld. tätig (z. B. in Lüchow und Trier), 1909–10 Ass. an der TH in Dresden, wo er auch als freier Architekt u. a. an der Planung der Gartenstadt Hellerau (1910) beteiligt war. 1913 prov. Lehrer, 1914 Prof. an der Kunstgewerbeschule in Wien, ab 1918 Leiter der Fachkl. für Architektur, Bau- und Konstruktionslehre. In diesem Kontext prägte er mit seinen Theorien maßgebl. den Wr. Siedlungsbau der Nachkriegszeit, der später von seinen Schülern (u. a. Franz Kuhn, Margarete Schütte-Lihotzky und Franz Schuster) weitergeführt wurde. 1920–26 Leiter der Architekturabt. der Dresdner Kunstakad., 1926–41 Prof. an der TH Charlottenburg in Berlin, 1946 neuerl. Berufung an die TH Berlin. T. war auch mit der Errichtung diverser Siedlungsanlagen und städt. Einrichtungen befasst (u. a. Wohnhausanlage Am Fischtal, 1928, Berlin-Zehlendorf, und städt. Schwimmbad, 1930, Berlin-Mitte). Weiters fertigte T. zahlreiche Möbelentwürfe an. Im Rahmen seiner publizist. Tätigkeit setzte er sich mit Problemen des Handwerks und insbes. auch des Siedlungsbaus auseinander, dessen Typisierung und größtmögl. Reduktion er infolge der ökonom. Zwänge forderte. Ab 1926 publ. er regelmäßig zu diesem Thema in der Wr. Z. „Der Aufbau“. 1941 durch die NS-Behörden vorzeitig emer., wurde er 1946 wieder eingesetzt und hatte großen Anteil am Wiederaufbau in Dtld. T., der zahlreichen Fachvereinigungen angehörte (u. a. 1910 Bund Dt. Architekten, 1914 Ges. Österr. Architekten, 1919–38 Wr. Secession, 1920 Preuß. ABK, 1937 Zentralvereinigung der Architekten Österr., 1939–40 Mitgl., ab 1941 k. M. der Ges. bildender Künstler Wiens, Künstlerhaus) und mehrere Ausz. erhielt (u. a. 1929 Dr. h. c. der TH Stuttgart), gilt als einer der größten Vordenker des sozialen Wohnbaus in der 1. Hälfte des 20. Jh. Seit 1963 ist auch ein Architekturpreis („T.-Medaille“) nach ihm benannt.

Weitere W. (s. auch Wangerin – Weiss; Michelis; archINFORM; Architektenlex.): Gartenstadt Falkenberg, 1913–15 (Berlin); Siedlung Settlement, 1917 (Wien 16); Projekt einer Gartensiedlung, 1920 (Wien); Wohnhausanlage, 1921 (Schwechat-Rannersdorf, NÖ); Wiederaufbauplanung für Mecklenburg und Lübeck, 1945–47; etc. – Publ.: Der Wohnhausbau, 1909; Hausbau und dergleichen, 1916; Sparsame Bauweise, 1918; Handwerk und Kleinstadt, 1919; etc.
L.: NFP, 1. 10. 1913; Thieme–Becker; Vollmer; H. Sommer, H. T. 1876–1950, Wien 1976 (Kat., m. B.); G. Wangerin – G. Weiss, H. T., 1976 (m. W.); G. Fliedl, Kunst und Lehre am Beginn der Moderne, 1986, S. 364 (m. B.); Baumeister, Architekten, Stadtplaner, ed. W. Ribbe, 1987, s. Reg.; M. de Michelis, H. T. 1876–1950, 1991 (m. W.); Hatje Lex. der Architektur des 20. Jh., ed. V. Magnago Lampugnani, 2. Aufl. 1998; Trierer Biograph. Lex., 2000; H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005 (m. B.); M. Ebert, H. T., 3. Aufl. 2006; archINFORM (m. B., W. u. L., nur online, Zugriff 2. 11. 2012); Architektenlex. Wien 1770–1945 (m. B., W. u. L., nur online, Zugriff 2. 11. 2012); Univ. für angewandte Kunst, Wien.
(U. Prokop)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 261f.
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