Tewele, Franz; ursprüngl. Teweles (1841–1914), Schauspieler und Theaterdirektor

Tewele Franz, ursprüngl. Teweles, Schauspieler und Theaterdirektor. Geb. Wien, 29. 7. 1841; gest. Bad Ischl (OÖ), 10. 9. 1914. Sohn des mit →Johann Nestroy befreundeten Beamten und Kalligraphen Ferdinand T. (1807–1893), Neffe des Schriftstellers und Theatersekr. →Johann Heinrich Mirani. – Vom Vater ursprüngl. für die Militärlaufbahn bestimmt, verbrachte T. nach der Realschule zwei Jahre in der Genie-Schul-Compagnie in Krems an der Donau und schrieb sich 1858 am polytechn. Inst. in Wien ein. Da es ihn aber zur Bühne zog, nahm er Schauspielunterricht bei →Karl Wilhelm Meixner, brach sein Stud. ab und ging als Volontär nach Brünn, wo er im Mai 1859 als Lt. Dillon in Charlotte Birch-Pfeiffers Schauspiel „Rose und Röschen“ debüt. und bald darauf Rollen als jugendl. Held erhielt. Einem kurzen Engagement als erster Liebhaber an dieser Bühne folgten Stationen in Lemberg und Graz (1861 Debüt als Don Carlos). Erst während seiner Tätigkeit am Münchner Hoftheater 1864–65, an dem er als jugendl. Held engag. war, entschied er sich für das kom. Fach, in dem seine eigentl. Stärke lag. 1865–72 spielte T. am Wr. Carltheater unter Dir. →Anton Ascher, danach am Stadttheater unter →Heinrich Laube, wo er seinen ersten großen Lustspielerfolg in Gustav v. Mosers „Stiftungsfest“ hatte und zum beliebten Darsteller wurde. Als er in →Eduard v. Bauernfelds auf Richard Wagner und seine Anhänger gemünzter Parodie „Die reiche Erbin“ 1876 den Komponisten mimte und auch selbst Klavier spielte, löste er einen von Wagneranhängern ausgehenden Theaterskandal aus. Mit Laube, den T. anfangs sehr unterstützt hatte, kam es später zu Spannungen. 1878 übernahm T. die Dion. des renovierten Carltheaters, an dem er Operetten und französ. Lustspiele brachte. Große Erfolge wurden u. a. die Suppé-Operetten „Boccaccio“ (1879) (mit →Antonie Link-Dessauer; T. sang den Pietro) und „Donna Juanita“ (1880), das Zugstück „Niniche“ (Alfred Hennequin – Albert Milhaud) mit →Wilhelm Knaack und →Karl Blasel und „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“ nach Jules Verne. Dennoch kämpfte T. immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten. Ein von →Edgar Spiegl v. Thurnsee d. Ä. angeregter siebenwöchiger Nestroy-Zyklus 1881 und ein dreimonatiges Gastspiel von →Josefine Gallmeyer brachten neuerl. Gewinne, doch der Brand des Ringtheaters im Dezember dieses Jahres führte zu massivem Besucherschwund. Als die Erben Carl Karls (→Karl Bernbrunn) seinen Pachtvertrag kündigten, legte T. 1882 die Dion. zurück und ging gem. mit Knaack und Gallmeyer auf Gastspielreise in die USA. Von 1883 bis zur Brandkatastrophe 1884 spielte er neuerl. am Stadttheater, 1885–86 am Carltheater und ab 1888 in Berlin (Residenztheater, Dt. Theater, Neues Theater). Sein letztes Engagement hatte er ab 1890 am neuen Dt. Volkstheater in Wien, an dem er 1909 sein 50-jähriges Bühnenjubiläum feierte (im November 1893 war es aufgrund von Differenzen mit Dir. →Emmerich Bukovics v. Kis-Alacska zu seiner kurzfristigen Entlassung gekommen). Als Schauspieler galt T. als wenig wandlungsfähig, erzielte aber mit seiner natürl. Komik, seiner Improvisationsgabe, seiner Schlagfertigkeit und der sprechenden Mimik große Wirkung. Insgesamt verkörperte er über 1.000 Rollen, darunter auch Joseph II. und Schiller, für die ihn sein Äußeres, v. a. die markante Nase, prädestinierte. Diese machte ihn zum beliebten Objekt der Karikaturisten. Seine Geselligkeit und sein Witz trugen T. Einladungen in Aristokraten- und Industriellenkreise ein. 1909 wurde er mit der großen goldenen Salvator-Medaille und dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgez.

Weitere Rollen: Benedikt (W. Shakespeare, Viel Lärm um nichts); Habakuk (F. Raimund, Der Alpenkönig und der Menschenfeind); Hasemann (A. L’Arronge, Hasemanns Töchter); Der Hofrat (R. Reinert, Das Liebesnest); etc. – W.: Aus den Memoiren eines Komikers, in: Wr. Künstler-Dekamerone, ed. R. Wittmann, red. M. Band, o. J. (m. B.). – Teilnachlässe: Österr. Nationalbibl., Wienbibl. im Rathaus (m. B.), beide Wien.
L.: NFP, 18., 22. 4., 8. 10. 1909, 29. 7. 1913, 10. 9. 1914 (A.); Wr. Bilder, 21. 4. 1909 (m. B.), 20. 9. 1914 (m. B.); NWT, 10. 9. 1914 (A.); Eisenberg, Bühne; Kosch, Theater-Lex.; Nagl–Zeidler–Castle (m. B.); Wurzbach; R. Tyrolt, Chronik des Wr. Stadttheaters 1872–84, 1889, s. Reg.; L. Rosner, Fünfzig Jahre Carl-Theater …, 1897, S. 35ff. (m. B.); G. Bondi, Brünner Theater-Humoresken, 1910, S. 10ff.; R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen. A. Girardi und das Theater an der Wien, 1951, S. 489f.; F. Hadamowsky, Wien. Theatergeschichte, 1994, s. Reg.; A. Schnitzler, Tagebuch 1931, 2000, s. Reg.; K. Glossy, Vierzig Jahre Dt. Volkstheater, o. J., s. Reg.; S. Loewy, Aus Wiens großer Theaterzeit, o. J., S. 106ff.; Österr. Theatermus. (Ztg.ausschnittsmlg., m. B.), Tagbl.Archiv, TU, alle Wien.
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 272f.
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