Thoroczkai Wigand (Toroczkai, Toroczkay, Thoroczkay, Wiegand, Vigand), Ede (1869–1945), Architekt, Möbeldesigner, Graphiker, Ethnograph und Kunstsammler

Thoroczkai Wigand (Toroczkai, Toroczkay, Thoroczkay, Wiegand, Vigand) Ede, Architekt, Möbeldesigner, Graphiker, Ethnograph und Kunstsammler. Geb. Pest (Budapest, H), 15. oder 19. 5. 1869; gest. Budapest (H), 20. 1. 1945. T. stud. 1886–90 an der Kunstgewerbl. Fachschule in Budapest Malerei, Graphik und angewandte Kunst und arbeitete danach als Maler mit bekannten Architekten wie →Albert Schickedanz und →Josef Hubert zusammen. Er war vermutl. 1892–1902 Mitarb. des Baubüros des Parlaments in Budapest, wobei er sich neben Ernő Foerk mit der Innendekoration (Wand- und Glasbemalung) beschäftigte. Parallel dazu plante er Möbel und Einrichtungen, womit er auch internationale Anerkennung erzielte (1900 Silbermedaille der Weltausst. Paris, 1902 Goldmedaille der Kunstgewerbeausst. Turin, 1904 Silbermedaille der Weltausst. St. Louis). 1912 unternahm er eine Stud.reise nach Russland, Dtld., Finnland, Schweden und Polen. In seiner gesamten planer. Tätigkeit versuchte T., die Ideen der modernen engl. Möbelkunst mit der traditionellen ung. Volkskunst zu verbinden. 1902 publ. er dazu sein erstes Buch mit Möbelentwürfen und wurde im Folgejahr für seinen Plan eines Einfamilienhauses mit dem ersten Preis des Kunstmagazins „Művészet“ ausgez. 1907–14 wohnte er in Neumarkt (Târgu Mureș) und erbaute dort das Wirtschaftskammergebäude und in der Umgebung im Auftrag des Ackerbaumin. u. a. Wohnhäuser und Kirchen im lokalen Baustil. Während dieser Tätigkeit legte T. eine vielfältige ethnograph. Smlg. an, beschäftigte sich mit dem lokalen Dialekt und publ. seine Forschungen mit eigenen Illustrationen; bes. beschäftigte er sich mit Gartenkultur. Seine Zeichnungsser. über den Hof des Hunnenkg. Attila wurde von Miksa Róth in Form von farbigen Glasfenstern im Kulturpalast von Neumarkt realisiert. 1922–34 leitete T. an der Kunstgewerbeschule in Budapest eine Meisterkl., die sich dem Thema „Ungarisches Heim“ widmete, und arbeitete mehrere Empfehlungen für den Kunstunterricht aus. Der Schwerpunkt seiner Beschäftigung lag auf der Planung eines „Idealheims“ für Familien bzw. Künstler, in die er auch seine Ideen als Möbeldesigner einfließen ließ. T., Mitgl. der von den Präraffaeliten sowie den Ideen Tolstois beeinflussten Künstlerkolonie Gödöllő, war u. a. mit dem Architekten Gottlieb Eliel Saarinen und dem Maler und Architekten Akseli Gallén-Kallela befreundet. Letzteren unterstützte er auch in der Planung seines Ateliers im finn. Tarvaspää. T. verstarb während der Belagerung Budas vermutl. an Hunger, seine wertvolle Kunstsmlg. zerfiel nach seinem Tod.

Weitere W. (s. auch Keserű): Publ.: A kert és virágai, 1910; Hímes udvar, 1916; Hajdanába réges-régön, 1917; Régi kert s míesei, 1917; Hogyan építsünk a Balaton partján, 1921; A kert, 1923; Architectura, 1936; etc.
L. (s. tw. auch unter Wigand): Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex.; Művészeti Lex. I, II; Thieme–Becker; Művészet 14, 1915, S. 452ff.; Magyar Művészet 1890–1919, 1, ed. L. Németh, 1981, s. Reg.; I. Sámány-Parsons, in: Bürgerl. Wohnkultur des Fin de siècle in Ungarn, ed. P. Hanák, 1994, S. 282ff.; The Dictionary of Art 30, 1996; Künstlerkolonien in Europa, Nürnberg 2001, S. 524 (Kat.); Új magyar életrajzi lex. 6, 2007; K. Keserű, T. W. E., 2007 (m. W.).
(J. Gerle)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 311f.
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