Tieftrunk Karel (Karl), Lehrer, Literatur- und Kulturhistoriker. Geb. Weißwasser, Böhmen (Bělá pod Bezdězem, CZ), 31. 10. 1829; gest. Kuttenberg, Böhmen (Kutná Hora, CZ), 3. 12. 1897. Sohn eines Fleischhauers. – Nach dem Besuch des Gymn. in Leitmeritz (Litoměřice) absolv. T. ab 1847 die phil. Jgg. an der Prager Univ. und stud. ab 1849 Philol., Geschichte und Geographie; 1852 Lehramtsprüfung für das Obergymn. Nach dem Stud. war T., der sich 1848/49 an der Revolution beteiligt hatte, ein Jahr Supplent am Akadem. Gymn. in Prag und 1853–59 Supplent bzw. Prof. am Leitmeritzer Gymn. Dort hielt er u. a. Vorträge über tschech. Sprache und Literatur, weshalb er von der Polizei observiert wurde. 1859 ließ er sich an die höhere Staatsoberrealschule in der Prager Nikolandergasse versetzen. 1882 Dir. des Gymn. in der Oberen Neustadt mit böhm. Unterrichtssprache, war er 1889–95 auch als alttschech. Abg. im böhm. LT tätig. 1892 trat er i. d. R. Schulrat T. entwickelte ab 1867 eine rege wiss. Tätigkeit als ao. Mitgl. der Kgl. Böhm. Ges. der Wiss. sowie ab 1890 auch der III. Kl. der Böhm. K. Franz Joseph-Akad. der Wiss., Literatur und Kunst und hatte mehrere führende Positionen in tschech. wiss. Ver. inne: ab 1869 stellv. Vors. des Historický klub, Geschäftsführer und ab 1872 Mitgl. des Ausschusses für tschech. Sprache und Literaturkritik der wiss. Ges. Matice česká, ab 1873 Dion.mitgl. des Schriftstellerver. Svatobor, ab 1883 Mitgl. im Ausschuss des Zentralverbands tschech. Mittelschulen Ústřední spolek českých škol středních. Bekannt wurde T. v. a. als Autor mehrerer kultur-, kirchen- und literaturhist. Stud., wobei sein Schwerpunkt auf der Geschichte Nordböhmens und der alttschech. Literatur (u. a. zu Tomáš Štítný) lag. Er publ. in den Z. „Časopis Musea království českého“, „Literární listy“, „Památky archaeologické“, „Osvěta“ sowie in den Sitzungsberr. der Böhm. K. Franz Joseph-Akad. der Wiss., Literatur und Kunst und machte einige wichtige hist. Quellen (u. a. „Pavel Skála ze Zhoře: Historie česká“, 5 Bde., 1865–70) aus der Geschichte Böhmens im 16.–19. Jh. zugängl. In →František Frh. v. Riegers Konversationslex. „Slovník naučný“ veröff. er aus der Sicht des späten Anhängers der nationalen Erweckung mehrere Lemmata zur Geschichte und Literatur. In der Matice česká, die ihn mit dem Verfassen ihrer Geschichte beauftragte, wirkte er in der Komm. für die Abfassung des Kodifizierungshdb. der tschech. Sprache „Brus jazyka českého“, das 1877 mit seiner umfangreichen Einleitung erschien. Als Pädagoge gab er ein „Böhmisches Lesebuch für Deutsche“ in 2 Bde. heraus und veröff. auch ein zu seiner Zeit bedeutendes Lehrbuch der tschech. Literatur.