Tille Václav, Ps. Jaroslav Bříza, Josef Měrný, Junius, Václav Říha, Tomáš Záruba, Literaturhistoriker und -kritiker, Volkskundler und Übersetzer. Geb. Tabor, Böhmen (Tábor, CZ), 16. 2. 1867; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 26. 6. 1937. Sohn des Landesschulinsp. für die Volksschulen mit böhm. Unterrichtssprache, Historikers und Geographen Antonín Jaroslav T. (geb. Altsattelhradek, Böhmen / Starosedlský Hrádek, CZ, 29. 11. 1835; gest. Prag, 13. 3. 1896), Autor mehrerer wiss. Beitrr. und Lehrbücher, Übers. und Kritiker. – T. besuchte 1878–81 das Gymn. in Leitomischl (Litomyšl) und danach das Erste Ober-Realgymn. in Prag. Nach der Matura 1885 stud. er Slawistik und Romanistik an der tschech. Univ. in Prag, das Sommersemester 1886/87 verbrachte er in Innsbruck; 1889 Dr. phil. in Prag mit einer Arbeit zu Herbert Spencers „The data of sociology“, 1902 Habil. mit der Stud. „Filosofie literatury u Taina a předchůdců“. 1889–1911 arbeitete er an der Prager Univ.bibl. Schon 1903 wurde T. Priv.Doz. für Vergleichende Literaturgeschichte an der phil. Fak. der tschech. Prager Univ., 1908 ao., 1911 o. Prof. Nach dem Tod von →Emil Frída leitete er das Seminar für Vergleichende Literaturgeschichte; 1920/21 Dekan. 1929 gründete er das Seminar für das vergleichende Stud. der dramat. Literatur und schuf damit eine Grundlage für künftige wiss. Forschung zur Theatergeschichte. T., ein ausgez. Redner, lehrte viele Persönlichkeiten des tschech. und slowak. Kulturlebens (Vojtěch Jirát, René Wellek). Zugleich pflegte er zahlreiche Kontakte mit ausländ. Wiss. (Fernand Baldensperger, Joseph Bédier, Johannes Bolte, Louis Eisenmann). Als vielseitige Persönlichkeit publ. T. zu vergleichender Märchen- und Sagenforschung, Literaturtheorie und -geschichte (→Božena Němcová, Stoffgeschichte, mittelalterl. Literatur, Geschichte des tschech. Theaters) und Schul- und Bibl.wesen. Im Sinne seiner Ganzheitskonzeption von Kunst und Leben verf. er auch fundierte Theaterkritiken für die „Národní listy“, die „Prager Presse“, „Venkov“ und red. mehrere Z. (u. a. „Národopisný sborník českoslovanský“) sowie Bücherreihen („Evropská knihovna“, „Žeň z literatur“). T., der sich auch für die Theorie des Films interessierte, adaptierte Märchen und Sagen, die bis heute eine viel gelesene Kinderlektüre sind. Er übers. weiters Belletristik und Fachliteratur aus dem Französ. (Guy de Maupassant, Maurice Maeterlinck, Hippolyte Taine) und Engl. (Jack London, Upton Sinclair). Zeitlebens unternahm T. viele Stud.- und Forschungsreisen, öfters als Mitgl. der Union Académique Internationale. Er war Mitgl. mehrerer wiss. (1909 ao. Mitgl., 1911 k. M. der Kgl. Böhm. Ges. der Wiss.; 1920 ao., 1924 o. Mitgl. der Tschech. Akad. der Wiss. und Künste), hist. und ethnograph. (Československý dramatický svaz, Společnosti přátel starožitností českých, Společnost Národopisného muz. českoslovanského), schriftsteller. (PEN-Klub, ELK) und volksaufklärer. Ver. (Společnost Boženy Němcové).