Tiring, Victor (1849–1923), Unternehmer

Tiring Victor, Unternehmer. Geb. Konstantinopel, Osman. Reich (İstanbul, TR), 15. 2. 1849; gest. Wien, 25. 4. 1923; mos. Sohn des Kaufmanns Moses T. und von Rebecca T., geb. Jerusalem, Bruder von Gustav T. (geb. 1858; gest. Wien, 5. 2. 1925), prom. Jurist in Livorno, und Conrad T. (geb. Konstantinopel, 2. 9. 1861; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren / Praha, CZ, 27. 3. 1942), Kleiderhändler in Galata (İstanbul-Beyoğlu). – T. kam als „türkischer Kleidermacher“ nach Wien, wo er 1880 mit Vitale Schmill die Fa. V. T. & V. Schmill und 1882 mit seinen beiden Brüdern die V. T. & Brüder (V. T. et frères), Kleidermacher und Exporteure OHG mit Sitz in Wien 2 gründete. Zum Unternehmen, dessen Betriebszweck der „Verkauf von fertigen Männerkleidern“ war, gehörten bald mehrere Niederlassungen in der Monarchie (Triest/Trieste, Lemberg/L’viv, Czernowitz/ Cernivci, Fiume/Rijeka) und in Sofia, die vom Filialunternehmen in Proßnitz (Prostějov) in Mähren beliefert wurden. Außerdem wurden Filialen im Osman. Reich (Adrianopel/Edirne, Saloniki/Thessaloníkē, Chios und Xanthi) unterhalten; eine weitere geplante Expansion wurde durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs verhindert, nachdem noch im Juli 1914 eine Zweigniederlassung in Kairo errichtet worden war. An diese erinnert das von dem österr. Architekten Oskar Horowitz 1912–13 am Ataba-el Khadra-Platz geplante imposante Kaufhaus T. in Kairo, das erste für diesen Zweck errichtete Gebäude in Ägypten. Nach KR T.s Tod führte Conrad T. das Unternehmen zunächst weiter; 1924 und 1928 wurden die Filialen im Ausland jedoch aufgelassen und die Fa. 1930 liquidiert.

L.: NFP, 26. 4. 1923; R. Agstner, Die österr.-ung. Kolonie in Kairo vor dem Ersten Weltkrieg, 1994, S. 73f.; Y. Köse, in: Österr. in Istanbul, ed. R. Agstner, 2010, S. 210ff.; G. Gaugusch, Wer einmal war. Das jüd. Großbürgertum Wiens 1800–1938, 2011, S. 1481; WStLA, Wien.
(R. Agstner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 353
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