Trautenberger Gustav Gottlieb, Theologe und Kirchenhistoriker. Geb. Rutzenmoos (OÖ), 30. 7. 1836; gest. Zürich (CH), 25. 6. 1902; evang. AB. Im Pfarrhaus der evang. Toleranzgmd. Rutzenmoos geb. und aufgewachsen, absolv. T. die Gymn.ausbildung in Teschen (Cieszyn) und Stuttgart, ehe er in Tübingen (1855–56) und Wien evang. Theol. und Phil. stud. 1858 folgte er bereits einem Ruf als Vikar des Superintendenten nach Brünn (Brno), wurde 1861 zum Pfarrer und 1879 zum Senior des Mähr. Seniorats gewählt. Mit seinem pastoralen Wirken verbunden war die Initiative zum Bau der Christuskirche, der sog. Roten Kirche (nach Plänen von →Heinrich Frh. v. Ferstel, vollendet 1867) und des Denkmals für K. Josef II., dessen Toleranzpatent die Gründung der Toleranzgmd. Brünn mögl. machte. T. gilt als Vertreter des dt.liberalen „Kulturprotestantismus“, dessen Ziel eine Symbiose von Religion und Kultur war und der publizist. vertieft sowie in einem verzweigten Ver.wesen (Gustav-Adolf-Ver.) praktiziert wurde. Als Kirchenhistoriker machte er sich um die Erforschung der Protestantengeschichte verdient, die in der Gesamtdarstellung „Kurzgefasste Geschichte der evangelischen Kirche in Österreich“ (Anhang zu: „Evangelisches Predigtbuch aus Oesterreich ...“, ed. J. W. Heck, 1881, 2. Aufl. 1886) gipfelte. Nachdem er 1868–81 das Periodikum „Halte, was du hast!“ mit zahlreichen hist. und kirchenpolit. Beitrr. hrsg. hatte, wurde er auch bei der Gründung der Ges. für die Geschichte des Protestantismus als deren Sekr., Mithrsg. des Jb. und Vizepräs. aktiv. Ein Konflikt mit der Evang. Kirche HB um die Gründung einer tschech.-ref. Gmd. (HB) in Brünn (1877), die er als Angriff auf die dt. Leitkultur in der Stadt empfand und deshalb bekämpfte, verhinderte seine Berufung auf den Wr. Lehrstuhl für Kirchengeschichte (1887). Sein öff. Wirken wurde durch die Mitgl.schaft im mähr. Landesschulrat (1869–82), seine wiss. Kompetenz durch akadem. Ehrungen (Dr. phil. Tübingen 1871, Lic. theol. Wien 1871) gewürdigt.