Trauttmansdorff-Weinsberg Ferdinand d. Ä. Fürst zu, Diplomat und Hofwürdenträger. Geb. Wien, 12. 1. 1749; gest. ebd., 27. 8. 1827; röm.-kath. Sohn von Franz Norbert Gf. zu T.-W. (1705–1786), Obersthofmeister von Erzhgn. Elisabeth und Oberst-Erblandmarschall von Böhmen, und der Marie Anna Gfn. zu T.-W., geb. Gfn. Herberstein (1722–1815), Bruder von Josef Wenzel Gf. zu T.-W. (1739–1769), Großvater von →Ferdinand Gf. zu T.-W. d. J.; ab 1772 verheiratet mit Marie Caroline Gfn. Colloredo-Mannsfeld (1752–1832). – T. war zunächst für den Staatsdienst bestimmt. Nach Besuch der Ing.-Akad. (1763–65) hörte er 1766–68 Rechtswiss. an der Univ. Wien, anschließend wirkte er vorübergehend am Reichskammergericht zu Wetzlar. 1770 vorzeitig an das k. Hoflager zurückberufen, um Erzhgn. Maria Antonia als Braut des Dauphins als Kämmerer nach Straßburg (Strasbourg) zu geleiten, unternahm er anschließend eine Cavalierstour durch Lothringen, die Niederlande, Tle. Dtld. und Frankreichs und kehrte über Paris nach Wien zurück, wo er Beisitzer des nö. Landrechts und 1772–75 auch nö. Reg.Rat war. Nach dem Tod seines Bruders Josef Wenzel wandte er sich der diplomat. Laufbahn zu, da er als angehender Majoratsherr über die Mittel verfügte, um wichtige Gesandtschaftsposten bekleiden zu können. Der vorbereitenden Schulung in der Wr. Reichskanzlei (ab 1774) folgte 1780 die Ernennung zum Geh. Rat und zum kurböhm. Gesandten am Regensburger RT. Ab 1783 Leiter der Gesandtschaftsgeschäfte beim fränk. Reichskreis, erreichte er 1774 im Zuge des neuerl. Aufflackerns des Scheldestreits wesentl. Erleichterungen für den Durchzug k. Truppen in die Niederlande. 1775 zusätzl. Ernennung zum k. Gesandten an den Mainzer Hof des Kurerzkanzlers und gleichzeitig Leiter der Gesandtschaftsgeschäfte im fränk. und im oberrhein. Reichskreis. Nach dem Beitritt von Kurmainz zum gegen die Reichspolitik K. Josephs II. orientierten Fürstenbund konnte er 1787 die Wahl des zu Kompromissen mit dem K. bereiten Karl Theodor v. Dalberg zum Koadjutor des Kurfürsten in Mainz erreichen. Im Oktober 1787 wurde er als bevollmächtigter Minister in die Österr. Niederlande entsandt, wo der wachsende Widerstand gegen die josephin. Reformpolitik im Mai mit der sog. Kleinen oder Vorrevolution einen ersten Kulminationspunkt erreicht hatte. Trotz anfängl. Erfolge gelang es ihm bis Ende 1789 nicht, die Ruhe im Land dauerhaft herzustellen, woraufhin er sich auf seine Güter zurückzog. Von Februar 1793 bis Juni 1794 Leiter der neu eingerichteten Niederländ. Hofkanzlei, genoss er danach weiterhin das informelle Vertrauen des K. und gehörte einer hocharistokrat. Hofpartei an, die gegen die Politik des Ministers der auswärtigen Geschäfte →Franz Maria Frh. v. Thugut opponierte. Nach dessen endgültiger Entlassung im Jänner 1801 wurde T. – in Vertretung des zu den Friedensverhh. von Lunéville entsandten neu ernannten Vize-Staats-Kanzlers Johann Ludwig Gf. v. Cobenzl – bis September mit der fakt. Leitung der auswärtigen Geschäfte betraut. Im Zuge der Einrichtung des Staats- und Konferenzmin. (1801) wurde er (als jeweiliger Vorsteher der Staatskanzlei) zum Staats- und Konferenzminister der auswärtigen Geschäfte ernannt, nach Cobenzls Rückkehr gehörte er der Behörde bis 1807 als Staats- und Konferenzminister ohne Geschäftsbereich an. Während der französ. Besatzung 1805 verblieb T. in Wien und vertrat im Verstärkten ständ. Ausschuss den k. Standpunkt. 1807 zum Obersthofmeister ernannt (und damit formell nach dem K. höchster Repräsentant des Staats), übernahm er wichtige polit. Aufgaben, u. a. hielt er 1810 die Eröffnungsrede in der Vereinigten Einlösungs- und Tilgungsdeputation, beim Wr. Kongress war er für den gesellschaftl. und damit informellen diplomat. Verkehr zuständig. 1817 zählte T. zu den 15 größten Aktionären der in diesem Jahr gegr. Oesterr. Nationalbank und gehörte deren Ausschuss an, 1824 engagierte er sich bei der Gründung der Ersten österr. Brandversicherungs-(Aktien-)Ges.; im selben Jahr Protektor und Großaktionär der neu gegr. Wr. Kettenbrückenbauges. Ab 1817 Mitgl. der nö. Landwirtschaftsges., ab 1820 Protektor des Ver. zur Unterstützung verschämter Armen in den Wr. Vorstädten. Als Mäzen und im Zusammenhang mit den sog. Adeligen Liebhaberkonzerten war T. auch für das Wr. Musikleben bedeutsam. 1789 Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, 1808 Großkreuz des kgl. ung. St. Stephans-Ordens, 1815 St. Stephans-Orden in Brillanten, 1817 Großkreuz der kgl. Französ. Ehrenlegion. 1805 Erhebung in den in Primogenitur erbl. Reichsfürstenstand mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat.