Treuinfels, P. Leo Maria (Alexander Hyronimus Maria) (1848–1928), Ordensmann und Politiker

Treuinfels P. Leo Maria (Alexander Hyronimus Maria), OSB, Ordensmann und Politiker. Geb. Scorcola, Triest-Freie Stadt (Trieste, I), 4. 6. 1848; gest. Abbazia di Monte Maria (Abtei Marienberg, I), 16. 1. 1928; röm.-kath. T. wurde als unehel. Kind geboren. Nicht zuletzt die Tatsache, dass seine Erziehung aus anonymer Quelle finanziert wurde, spricht dafür, dass es sich bei seinem Vater um einen Aristokraten handelte. ‒ T. absolv. 1857‒65 das vom Benediktinerstift Marienberg geleitete Gymn. in Meran (Merano) und trat 1865 in das Stift ein (1869 Profess). Es folgten ein Theol.stud. in der Hauslehranstalt des Stifts (1871 Priesterweihe) und 1871‒74 ein Stud. der Naturgeschichte und Physik an der Univ. Innsbruck, u. a. bei →Kamill Heller, →Anton Kerner v. Marilaun und →Leopold Pfaundler v. Hadermur. Nach einer kurzen Tätigkeit als Kooperator an der Stiftspfarre Burgeis wirkte T. von 1876 bis zu seiner Wahl zum Abt des Stifts 1885 als Prof. am Gymn. und ab 1882 auch als Stud.präfekt am angeschlossenen Konvikt Rediffianum in Meran. Neben der Lehrtätigkeit war T. naturwiss. tätig und veröff. eine größere Arbeit zu den Kratzdistelvorkommen in Tirol. 1889‒1918 saß er als Abg. des Tiroler geistl. Großgrundbesitzes im Innsbrucker LT und 1891‒1907 für diese Wählergruppe im AH des RR. Er vertrat eine streng kath.-konservative Richtung und war ab 1897 in der Klubführung zunächst des Zentrums, ab 1901 des Zentrum-Klubs, in dem sich jene Vertreter der landwirtschaftl. Interessen aus OÖ, der Stmk., Sbg. und Tirol vereinigten, die sich nicht den immer stärker werdenden Christl.sozialen anschließen wollten (1897 Obmann-Stellv., 1899‒1900 Obmann, ab 1901 wieder Obmann-Stellv.). Als maßgebl. Gegner einer Vereinigung der beiden Gruppen kandidierte er nach der Wahlreform 1907 nicht mehr für den RR. Anders als zahlreiche ebenfalls 1907 ausscheidende Parlamentarier, darunter sein langjähriger polit. Weggefährte →Theodor Frh. v. Kathrein, wurde er vom K. aber nicht in das HH des RR berufen. Auch im Tiroler LT trat T. bis zuletzt als überzeugter Konservativer nicht den Christl.sozialen bei. Trotz seiner konservativen Weltanschauung war T. techn. Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Eine der entscheidenden Investitionen in die Infrastruktur des Stifts war der Bau eines eigenen Stromkraftwerks 1903. Auch die Bausubstanz wurde deutl. verbessert und 1898 ein neues Geläute für die Stiftskirche angeschafft. Nach 1918 konzentrierte sich T. ausschließl. auf die Leitung des Stifts und versuchte es in den neuen polit. Gegebenheiten zu positionieren. Bes. hart traf ihn dabei der ständig steigende Druck seitens des faschist. Regimes auf das Gymn. in Meran, der schließl. dazu führte, dass die Schule kurz nach seinem Tod im Herbst 1928 geschlossen werden musste.

W.: Die Cirsien Tirols, in: Z. des Ferdinandeums für Tirol und Vbg., F. 3, 1875, H. 19.
L.: R. Schober, Geschichte des Tiroler LT im 19. und 20. Jh., 1984, S. 333, 578; Th. Frh. v. Kathrein (1842‒1916), ed. ders., 1992, s. Reg.; O. Parteli, in: 900 Jahre Benediktinerabtei Marienberg 1096‒1996, FS, 1996, S. 451ff. (m. B.); Biographia Benedictina. Dictionary of Benedictine Biography (nur online, Zugriff 19. 7. 2013); UA, Innsbruck, Tirol.
(F. Adlgasser)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 456f.
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