Treumann, (Matthias) Karl (Ludwig) (1823–1877), Schauspieler, Theaterdirektor, Übersetzer und Librettist

Treumann (Matthias) Karl (Ludwig), Schauspieler, Theaterdirektor, Übersetzer und Librettist. Geb. Hamburg, Freie und Hansestadt (D), 27. 7. 1823; gest. Baden (NÖ), 18. 4. 1877. Sohn des Kassencontroleurs am Hamburger Stadttheater Friedrich Gustav T. (1790–1841), Bruder der Schauspieler Gustav T. und Franz T. (1820–1874). – T. absolv. zunächst eine Lehre als Setzer bei einem Hamburger Buchdrucker. Nach dem Tod des Vaters zog er 1841 zu seinen Brüdern, die am Dt. Theater in Pest (Budapest) engag. waren, dem damals mit 3.500 Plätzen größten dt.sprachigen Theater überhaupt. Dort gab er noch im selben Jahr sein Debüt als Schauspieler und Chorist (Dir. →Josef Schall v. Falkenforst). 1843–45 wirkte er parallel zu seiner Pester Tätigkeit auch an den gem. geführten Theatern von Arad und Hermannstadt/Sibiu (Dir. →Karl Philipp Nötzl) als 2. Tenor und jugendl. Liebhaber. Nach ersten Erfolgen in kom. Opern, Lustspielen und Possen wurde T. auf Empfehlung →Franz v. Suppés 1847 von →Franz Pokorny ans Theater an der Wien engag. und debüt. im Mai jenes Jahres als Dandolo in Ferdinand Hérolds kom. Oper „Zampa“. Wegen seiner Vielseitigkeit in verschiedensten Rollen beschäftigt, gewann T. schnell die Gunst des Publikums. Nachdem er Angebote der Hoftheater in Berlin, Dresden, München und Stuttgart abgelehnt hatte, wechselte er im September 1852 an das Carltheater in Wien, wo er mit →Johann Nestroy und →Wenzel Scholz ein bald berühmtes Komikertrio bildete. Mit seinem leichten Konversationston kontrastierte T. die eher derben Possen seiner Kollegen, die er ebenso wie andere berühmte Personen dank seines Imitationstalents gern parodierte. Bekannt war er auch für seinen Coupletvortrag mit zeit- und lokalgeschichtl. Anspielungen. Constant Ritter v. Wurzbach-Tannenberg hielt ihn daher für den universellsten kom. Charakter der Wr. Bühne, der als Chargenspieler und Verkleidungskünstler einzig in seiner Art gewesen sei. Anfang November 1860 eröffnete T. das prov. aus Holz errichtete Theater am Franz Josefs-Kai (Quai- oder T.-Theater), dessen Ensemble zum Großteil aus dem des Carltheaters bestand (u. a. Nestroy und Suppé) und neben Possen und Schwänken v. a. Operetten spielte, überwiegend von Jacques Offenbach, der dort auch sein Wr. Dirigentendebüt gab. Als das Theater im Juni 1863 niederbrannte, kehrte T. mit seinem Ensemble ans Carltheater zurück, wo unter seiner Dion. viele Werke Suppés uraufgef. wurden. Aus gesundheitl. Gründen zog er sich 1866 zurück und widmete sich als Bühnenschriftsteller bes. den Operetten Offenbachs, die er seit ihrem ersten Erscheinen in Wien („Die Hochzeit bei Laternenschein“, 1858) übers. hatte. Im Schatten seiner Offenbach-Übertragungen (u. a. „Pariser Leben“), die sogar von →Karl Kraus geschätzt wurden, standen seine eigenen Operettenlibretti, wie „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“ (1875) für Suppé oder „Prinz Methusalem“ (1877) für →Johann Strauß (Sohn).

Weitere W.: s. Kosch; Gänzl.
L.: NFP, 18. 4. 1877 (A.); ADB; Czeike; Eisenberg, Bühne; Kosch, Theaterlex. (m. W.); Kutsch–Riemens, 4. Aufl. 2003; Wurzbach; L. Rosner, Fünfzig Jahre Carl-Theater, 1897, S. 21ff. (m. B.); F. Hadamowsky – H. Otte, Die Wr. Operette, 1947, s. Reg. (m. B.); R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen, 1951, S. 479ff.; O. Schneidereit, F. v. Suppé, 1982, S. 71ff. (m. B.); K. Gänzl, The Enc. of the Musical Theatre, 1994 (m. W.); H.-D. Roser, F. v. Suppé, 2007, s. Reg.
(St. Frey)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 457f.
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