Tuma, Josef (1866–1938), Physiker

Tuma Josef, Physiker. Geb. Wien, 31. 1. 1866; gest. Asch, Dt. Reich (Aš, CZ), 20. oder 28. 12. 1938. Sohn des Musikprof. und Inhabers einer Musikschule August T. und von Franziska T., geb. Skach; ab 1900 in 1. Ehe mit Auguste Edler v. Lang, der Tochter von →Viktor v. Lang, ab 1904 in 2. Ehe mit Bertha T., geb. Marx, verheiratet. – Nach Besuch des Staatsgymn. in Wien 9, wo T. 1885 maturierte, stud. er Rechtswiss. an der Univ. Wien. Zwei Jahre später wechselte er an die phil. Fak. und wandte sich insbes. der Physik, u. a. bei Lang, →Franz Exner und →Gustav v. Escherich, zu; 1890 Dr. phil. Von März bis Juli 1890 als Ing. bei der Fa. Siemens & Halske in Wien tätig, kehrte T. 1891 als Ass. an die Univ. zurück, absolv. daneben 1890–94 aber auch die Maschinenbauschule der TH, um sich prakt. Kenntnisse zu erwerben. 1891–93 arbeitete T. als Ass. bei Exner am physikal.-chem. Inst., 1894–1900 als Ass. am physikal. Kabinett. 1895 habil. er sich an der Univ. Wien für Physik, wo er 1896–1900 als Priv.Doz. tätig war. 1898 lehrte er auch an der TH Wien, wechselte im Herbst 1902 jedoch an die dt. TH in Brünn (Brno). 1902 ao. Prof., erhielt er noch im selben Jahr einen Ruf an die dt. TH in Prag, wo er zunächst zum ao. Prof. für Physik und 1907 zum o. Prof. der allg. Physik ernannt wurde, 1915 Rektor; 1936 emer. Gem. mit Exner setzte er sich mit Wilhelm Ostwalds Vorschlag der Anwendung von Quecksilber-Tropfelektroden auseinander, wobei es zu einem intensiven Disput mit Ostwald kam. T. maß bei Ballonfahrten elektr. Entladungen in der Luft und zählte zu den ersten Physikern in Europa, die 1894 Tesla-Versuche mit hochfrequenten Starkströmen vorführten. Fasziniert von den ersten Erfolgen der drahtlosen Nachrichtenübermittlung durch Guglielmo Marconi (ab 1896), begann T. selbst mit solchen Experimenten. Anfang November 1897 präsentierte er im Rahmen eines Vortrags im Österr. Ing.- und Architektenver. erstmals eine Sendeanordnung für drahtlose Telegraphie, wobei ihm die Übertragung von Zeichen auf kurze Distanz gelang. Daraufhin lud die techn. Abt. der Kriegsmarine gem. mit der Staatstelegraphenverwaltung T. zu Versuchen mit drahtloser Telegraphie ein, die im Februar und März 1898 in Wien und im Dezember 1898 in der Nähe des Kriegshafens Pola (Pula) durchgeführt wurden. In beiden Versuchsserien gelangen T. erstaunl. Erfolge. In Prag erweiterte er seine bisherigen Forschungsschwerpunkte – physikal. Grundlagen der Akustik, Elektrodynamik und Luftelektrizität – durch Stud. über den Radioaktivitätsgehalt von Heilquellen, weshalb er 1911–18 dem für die Genehmigung und Aufsicht der Heilbäder und Heilanstalten Böhmens zuständigen Fachbeirat des Landessan.rats angehörte und zahlreiche Quellen auf Radiumemanation untersuchte. Nach der Gründung der Tschechoslowakei entstanden ein Lehrfilm über die Hertz’schen Wellen und sein Lehrbuch „Physikalische Grundlagen der Wellentelegraphie und –Telephonie“, 1926. Weitere Beitrr. erschienen u. a. im „Repertorium der Physik“ und in den „Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse“. T. war Mitgl. der Physikal. Ges. zu Berlin, des Naturwiss. Ver. Lotos sowie der Dt. Ges. für techn. Physik in Berlin.

Weitere W.: s. Kürschner, Gel.Kal., 1931; Poggendorff 4, 5; Wer ist’s?, 1935.
L.: WZ, 31. 1. 1936; Eisenberg 2; Kürschner, Gel.Kal., 1925, 1931 (m. tw. W.); Poggendorff 4, 5 (m. W.), 6; Wer ist’s?, 1935 (m. tw. W.); Die k.k. Dt. TH in Prag 1806–1906, red. F. Stark u. a., 1906, S. 288f., 386 (m. B.); A. Birk, Die Dt. TH in Prag 1806–1931, 1931, S. 133; Th. Venus, Die Entstehung des Rundfunks in Österr. 1, phil. Diss. Wien, 1982, S. 229ff.; N. A. Sifferlinger, Auslaufen verspricht Erfolg, 2000, S. 11ff.; W. Höflechner, Materialien zur Entwicklung der Physik und ihrer „Randfächer“ Astronomie und Meteorol. an den österr. Univ. 1752–1938, 2, 2002; AVA, UA, beide Wien; Národní archiv, Praha, CZ.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 510f.
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