Tuntar, Giuseppe (1882–1940), Politiker und Publizist

Tuntar Giuseppe, Politiker und Publizist. Geb. Visinada, Istrien (Vižinada, HR), 7. 1. 1882; gest. Buenos Aires (RA), 2. oder 17. 7. 1940. Sohn des Bauern Giovanni T. und dessen Frau Maria T. – Nach Besuch des Priesterseminars in Capodistria stud. T. 1901–03 an der phil. und 1903–06 an der jurid. Fak. der Univ. Graz, schloss seine Stud. jedoch mangels finanzieller Mittel nicht ab. 1905 trat er dem italien. Flügel der sozialist. Partei bei und war in Istrien für diese tätig. Dem 1907 gegr. Partito socialista italiano in Austria gehörte er ebenso an und fungierte 1908–10 als Sekr. von dessen Istrianer Sektion. Ende Juli 1909 ernannte ihn der Statthalter in Triest zum Mitgl. des Gmd.verwaltungsausschusses von Pola, dem die Aufgabe oblag, nach einer Krise Neuwahlen vorzubereiten. 1910 wurde T. Dir. der Bez.krankenkasse in Görz. In den Jahren vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs trat er in ganz Friaul als Redner auf und wurde zu einer Leitfigur der dortigen Arbeiterbewegung. Er avancierte zum ersten Präs. des Sozialist. Verbands in Friaul, der alle lokalen Sektionen vereinte. Nach der Kriegserklärung Italiens im Mai 1915 übersiedelte T. nach Triest. Während des Kriegs verlor er einen Sohn und erkrankte schwer. 1918 gewann er in der Triestiner Sektion der Sozialist. Partei erneut an Bedeutung. Er trat für eine marxist. Revolution ein, distanzierte sich weitestgehend vom Austromarxismus und strebte die Unabhängigkeit Julisch-Venetiens sowie die Schaffung einer Räterepublik an. 1919 wurde T. zum Präs. des regionalen polit. Komitees von Triest und Görz sowie ins nationale Direktorium der Sozialist. Partei gewählt. 1920 trat er der kommunist. Fraktion innerhalb der Partei bei und wurde im Jänner 1921 als Regionalabg. zum 17. Kongress der Sozialist. Partei Italiens nach Livorno entsandt, wo er u. a. zusammen mit Antonio Gramsci und Umberto Terracini die Kommunist. Partei Italiens (Partito Comunista d’Italia, PCd’I) gründete. Innerhalb weniger Wochen konnte er die meisten Parteimitgl. der Görzer Sektion zum Übertritt in den PCd’I überzeugen. Nachdem er die Red. der sozialist. Ztg. „Il Lavoratore“ übernommen hatte, konnte er auch diese für den PCd’I gewinnen. Bei den Wahlen im Mai 1921 wurde T. zum ersten röm. Abg. aus Görz gewählt, er übte diese Funktion bis 1924 aus. Nachdem das faschist. Regime immer härter gegen Oppositionelle vorging, entschied er sich im selben Jahr zur Emigration nach Argentinien, wo er in Buenos Aires im italien. Zweig der kommunist. Partei Argentiniens aktiv war und für verschiedene kommunist. Ztg. arbeitete.

L.: Il Piccolo, 21. 1. 2011; PSBL; L. Patat, G. T., 1989 (m. B.); L. Cortesi, Le origini del Pci, 1999, S. 182, 228f.; G. Sluga, The Problem of Trieste and the Italo-Yugoslav Border, 2001, S. 41; F. Wiggermann, K.u.K. Kriegsmarine und Politik, 2004, s. Reg.; F. Bertagna, La stampa italiana in Argentina, 2009, S. 56ff., 120ff.; UA, Graz, Stmk.
(K. Ruzicic-Kessler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 6
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