Turnovský, Josef Ladislav (1838–1901), Schriftsteller, Publizist und Schauspieler

Turnovský Josef Ladislav, Schriftsteller, Publizist und Schauspieler. Geb. Sobotka, Böhmen (CZ), 9. 2. 1838; gest. Kgl. Weinberge, Böhmen (Praha, CZ), 8. 2. 1901. Sohn eines Gastwirts; ab 1861 verheiratet mit der Schauspielerin Anna Fochheimerová Rajská, der Witwe von →Josef Kajetán Tyl. – T., der in Sobotka mit →Václav Šolc befreundet war, erlernte in Bakow an der Iser den Beruf eines Kaufmanns. Er arbeitete kurze Zeit in Loukowetz und Kratzau, entschied sich dann jedoch, sich dem Theater zu widmen. 1856 schloss er sich der Wanderbühne von Josef Alois Prokop an und wirkte kurz bei der dt.-tschech. Ges. von Karl Sternfeld mit. Um dem Militärdienst zu entgehen, arbeitete er in der Finanzlandesdion. in Prag. Danach kurz wieder bei Prokop, wurde er 1860 Mitgl. der Truppe von Josef Kullas. Außerdem arbeitete er als Vertreter beim Verlag I. L. Kober. Erfolglos bemühte er sich um ein Engagement am Prager Interimstheater; auch sein Versuch, eine Theatertruppe zu gründen bzw. die Truppe von Prokop zu leiten, blieb ohne Erfolg. 1868 gehörte er den Wandertheatern von Antonín Mušek und Arnoštka Libická in Mähren an. 1872 beendete er seine Schauspielerkarriere und wurde Journalist, zuerst bei der WS „Slovan“, ab 1873 bei der alttschech. Tagesztg. „Pokrok“, 1880 wurde er verantwortl. Red. Bereits pensioniert, trat er 1899 in die Red. der Ztg. „Hlas národa“ ein, red. das Unterhaltungsbl. „Zábavné listy“ und gab 1888–92 Tyls gesammelte Schriften in 15 Bde. heraus sowie Volkslektüre und Kal. („Kalendář Koruny české“, 1880–85; „Velký pražský kalendář“, 1884–88). T. engagierte sich im gesellschaftl. und kulturellen Leben als beliebter Vortragender und Mitgl. zahlreicher Ver. (Hálek, Spolek českých žurnalistů, Matice divadelní). Seine national-konservative polit. Einstellung verhehlte T. dabei nicht. 1883–99 war er Sekr. des alttschech. Český klub und 1880 Mitbegründer des Schulver. Ústřední matice školská, red. ab 1890 dessen Anzeiger („Věstník Ústřední Matice školské“) und war 1887–99 Erster Dir. In seinen belletrist. Beitrr., die er in „Osvěta“, „Paleček“, „Světozor“, „Thalia“ oder „Zlatá Praha“ veröff., thematisierte er seine sozialkrit. und patriot. ausgerichteten Erfahrungen als Theaterliebhaber, ebenso in seinen Memoiren („Z potulného života hereckého“, 1882; „Paměti starého vlastence“, 1901). T. verf. weiters Biographien von Dramatikern (u. a. →František Věnceslav Jeřábek, Tyl) und mehrere Lemmata für das Lex. „Ottův slovník naučný“, die bis heute als wichtige Zeitdokumente gelten. Er übers. und adaptierte Theaterstücke aus dem Dt. (→Eduard v. Bauernfeld, August v. Kotzebue) sowie Französ. (Eduard Devrient, Eugène Scribe) und schrieb Theaterkritiken. Seine Reisebeschreibungen („Putování po vlasti“, 1883; „Z Prahy do Svatojanských proudů“, 1888) sowie die Komödie „Staří blázni“ erhielten bes. für die Darstellung menschl. Charaktere positive Kritiken.

Weitere W.: Švédové na Moravě, 1874; F. Palacký, jeho život a působení, 1876; O životě a působení J. K. Tyla, 1881 (Neuaufl. 1892 unter dem Titel Život a doba J. K. Tyla); Povídky a humoresky, 5 Bde., 1883; Z naší doby, 1884; Arcivévoda Albrecht, 1895 (anonym). – Hrsg.: Almanach Matice divadelní. K slavnému otevření Národního divadla, 1881 (gem. m. J. V. Frič). – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Bohemia, Hlas národa, Národní listy, Politik, 9. 2. 1901; Hlas národa, 10. 2. 1901 (Beil.); Lidové noviny, 10. 2. 1901; Právo, 1. 2. 2001; LČL; Masaryk; Otto; Wurzbach; Zvon 1, 1900/01, S. 251f.; L. Grossmannová-Brodská, in: Ženské listy 29, 1901, S. 48ff.; Jitřenka 20, 1901 (Beil.), S. 37ff.; Věstník Ústřední matice školské 17, 1901, S. 14; M. Hýsek, in: Čtyři ze Sobotky, 1937, S. 21f.; K. Bílek, in: Listy starohradské kroniky 11, 1988, Nr. 1, S. 14ff.; J. Pazderníková, in: Documenta Pragensia 16, 1998, S. 79f.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 13
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